
Staging the happy Self: Strategies of epistemic Self-Fashioning by Happiness Researchers (ca. 1950-2000)
Author(s) -
Stephanie Kleiner
Publication year - 2015
Publication title -
kairos
Language(s) - German
Resource type - Journals
ISSN - 2492-1599
DOI - 10.52497/kairos.374
Subject(s) - humanities , philosophy , psychology , psychoanalysis
In den 1980er Jahren begannen die das Feld der Glücksforschung weitgehend dominierenden Vertreter der so genannten ‚Positive Psychology’ offensiv damit, sich selbst als glückliche Individuen zu thematisieren. Dadurch stellten sie nicht nur die Authentizität der von ihnen beanspruchten Redeposition heraus, sondern demonstrierten zugleich, dass die von ihnen geschilderten Anleitungen zu einem glücklichen Leben an ihnen selbst erfolgreich exekutiert wurden. Aufgrund dieses signifikanten Wandels des epistemischen self-fashionings versuchte sich die ‚Positive Psychology’ - namentlich zu nennen sind insbesondere Ed Diener und Martin E.P. Seligman - bewusst von anderen Formen zeitgenössischer Glücksreflexion abzuheben, etwa ökonomisch oder neurowissenschaftlich argumentierenden Spielarten, aber auch von einer psychologischen Glücksforschung, die sich in der Tradition der humanistischen Psychologie der 1960er und 1970er Jahre verortete. Deren Vertreter nämlich - etwa Abraham Maslow oder Erich Fromm - waren lange Zeit auf dem Gebiet der Glücksreflexion tonangebend gewesen, insbesondere weil es ihnen gelungen war, durch ihren Fokus auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten menschlichen Empfindens und Handelns eine überzeugende Alternative zum wissenschaftstheoretisch wie institutionell zeitweise dominierenden Behaviorismus aufzuzeigen. Der wissenshistorisch argumentierende Beitrag möchte bei diesem Befund ansetzen und aufzeigen, welche Formen der Selbstthematisierung forschender Subjekte in unterschiedliche Paradigmen der Glücksreflexion Eingang fanden und inwiefern sie für das Selbstverständnis von epistemic communities wie auch für den epistemischen Zuschnitt des Gegenstandes konstitutiv waren. Denn angesichts des szientifischen Gestus der ‚Positive Psychology’ ist das ostentative Hervortreten des Forschungssubjekts selbst eine bemerkenswerte Entwicklung. Einerseits sollen in dem Beitrag deshalb die sich wandelnden Glücksvorstellungen rekonstruiert, andererseits soll der Ort des sich selbst thematisierenden, forschenden Individuums untersucht werden. Konkret kann dies anhand repräsentativer Beispiele der amerikanischen psychologischen Glücksforschung zwischen 1960 und 2000 dargelegt werden, die auch in Westeuropa - namentlich in Großbritannien und Deutschland - breite Aufnahme gefunden hat. In ihrem Wissenschaftsverständnis humanistische Abhandlungen arbeiteten mit einem reflexiv-kritischen Glücksbegriff, der soziokulturelle wie politische Rahmenbedingungen mit zu thematisieren und Vorstellungen menschlichen Glücks in den Horizont einer (kultur-)kritischen Gegenwartsdiagnose zu rücken erlaubte. Glücksreflexion wurde hier zu einer gesellschaftsanalytischen Basisoperation, mit deren Hilfe die kollektiven Zwänge und Widersprüche einer organisierten Moderne ebenso in den Blick genommen werden konnten wie deren individuelle Folgekosten. Diesem kultur- und gesellschaftskritischen Anspruch entsprach auf der Ebene der Analyse und der Selbstaussagen eine Redeposition, die eine hohe analytische Distanz zu dem zu untersuchenden Gegenstand aufrechterhielt und eine persönliche Involviertheit der Forscherpersönlichkeit allenfalls verhalten artikulierte. Die ‚Positive Psychology’ dagegen legte ihren Forschungen einen grundsätzlich andersartigen Glücksbegriff zugrunde, der sich als radikal subjektbezogen charakterisieren lässt und mit einer Präferenz der Forschenden für ein sozialwissenschaftliches Methodenrepertoire, etwa für die Umfrageforschung, einherging. Glück wurde hier nahezu vollständig in der privaten Sphäre der Subjekte verortet, so dass Handlungsmacht und Eigenverantwortung von Akteuren für das eigene Wohlergehen postuliert werden konnten. Übergeordnete sozioökonomische und politische Faktoren wurden weitgehend ausgeblendet, da diese komplexen strukturellen Dimensionen den unmittelbaren Zugriffsmöglichkeiten des Einzelnen entzogen sind. Folglich öffneten sich die Vertreter der ‚Positive Psychology’ für öffentlichkeitswirksame Genres wie die appellative Self-Help-Literatur. Kennzeichen wurde dabei der Verweis auf die eigene Biographie, die als Beispiel gelingender Selbstregulation und Glücksbemeisterung vorgeführt wurde. Für die Analyse können neben prominenten Publikationen der genannten Autoren Interviews und andere Selbstaussagen ausgewertet werden.. Durch die Einbeziehung wissens-, kommunikations-, emotions- und mediengeschichtlicher Herangehensweisen ist der Beitrag bewusst interdisziplinär angelegt ; indem die Rezeption der amerikanischen Glücksforschung in Deutschland gleichfalls thematisiert wird, verfolgt er zugleich eine transfergeschichtliche Ambition.