
Bundesgericht bekennt sich zur freien politischen Auseinandersetzung
Author(s) -
Matthias Schwaibold
Publication year - 2019
Publication title -
medialex
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 2504-1479
pISSN - 1420-3723
DOI - 10.52480/ml.19.10
Subject(s) - humanities , philosophy
Vor den eidgenössischen Wahlen vom 18. Oktober 2015 erschien auf den Ausgaben verschiedener Zeitungen ein Kleber mit dem Text: “Für einige statt für alle”, “Wählt A!”, “Steuerbares Vermögen 12,3 Millionen. CHF, steuerpflichtiges Einkommen 0.-CHF”, mit einem zusätzlichen Verweis auf eine Webseite. Die Nationalrätin A. (die damals dennoch gewählt wurde) reichte eine Ehrverletzungsklage ein. Der Fall endete vor allen Instanzen mit einem Freispruch. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil betont, dass in der politischen Auseinandersetzung eine strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur mit Zurückhaltung anzunehmen sei. Der für die Interpretation eines Textes ausschlaggebende “Durchschnittsleser” wird erstmals als “Rechtsfigur” akzeptiert, auf die zur Bestimmung des Sinnes einer Äusserung abgestellt wird. Das Urteil ist inkonsequent abgefasst, aber es ist ihm im Ergebnis vorbehaltlos zuzustimmen.