
<em>Denken wie ein Philosoph, aber reden wie ein Bauer.</em> – Das Normative der Rechtssprache
Author(s) -
Ada Gruntar Jermol
Publication year - 2019
Publication title -
linguistica
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.134
H-Index - 1
eISSN - 2350-420X
pISSN - 0024-3922
DOI - 10.4312/linguistica.59.1.127-139
Subject(s) - political science , philosophy , humanities
Gesetze gelten als anspruchsvollste juristische Textsorte; als normative Texte drücken sie Verhaltensvorschriften aus, indem sie ein bestimmtes Tun oder Unterlassen gebieten, verbieten oder gewähren. Obwohl die meisten eine klare Makrostruktur aufweisen, wird ihre Rezeption aufgrund der „mangelnden“ Textkohärenz wesentlich erschwert. Als normative Texte zeichnen sie sich durch einen hohen Grad der Abstraktheit aus, was einen verdichteten sowie konzisen und somit einen schwerer verständlichen Stil zur Folge hat. Außerdem unterscheiden sich Gesetze von allen anderen juristischen Textsorten durch die stark normierte sprachliche Formulierung: Für sie ist allgemein ein unpersönlicher Stil mit der Verwendung von Indefinitpronomen und des Passivs sowie nominalisierter Strukturen charakteristisch. So ist der Umgang mit Gesetzestexten wesentlich anspruchsvoller als der Umgang mit informativen Rechtstexten – selbst für Fachleute, geschweige denn für juristische Laien. Im vorliegenden Beitrag werden einige grundlegende Charakteristiken der deutschen normativen Rechtssprache dargelegt, und zwar am Beispiel des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das als Meilenstein des deutschen Rechts gilt.