
Zur Semantifizierung von Zahlwörtern: das Wort 'tausend' - eine germanisch-baltoslavische Isoglosse?
Author(s) -
Rosemarie Lühr
Publication year - 1993
Publication title -
linguistica
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.134
H-Index - 1
eISSN - 2350-420X
pISSN - 0024-3922
DOI - 10.4312/linguistica.33.1.117-136
Subject(s) - humanities , philosophy
Gegenüber den Zahlen bis 'zehn' sind die unmittelbar darauffolgenden Zahlen in den indogermanischen Sprachen durchsichtige Bildungen. Das liegt daran, daß das indogermanische Zahlensystem auf dem Dezimalsystem aufgebaut ist und sich von der Zahl 'elf ' an Beziehungen zu 'zehn' herstellen lassen. Was nun die höheren Zah len, nämlich die für 'hundert' und 'tausend', angeht, so ist die Zahl 'hundert' auf 'zehn' ('zehn mal zehn') und die Zahl 'tausend' auf 'hundert' ('zehn mal hundert') beziehbar. Weil dem so ist, ist zu erwarten, daß Sprecher indogermanischer Sprachen fiir sieundurchsichtige Wörter für 'hundert' oder 'tausend' nach dem Wort 'zehn' bzw. 'hundert' umgebildet oder neugebildet haben. In der Tat ist dies bei dem gotischen Wort 'hundert' der Fall: Got. taíhuntehund (lmal), taíhuntaíhund (3mal), das syn chron als 'zehn Einheiten zu Hundert', d.h. 'in bezug auf Hundert', gedeutet werden konnte (Lühr 1977: 65), hat die Kontinuante von urgerm. *xunđa 'hundert' ersetzt.