
Für einen anti-integratorischen Imperativ
Author(s) -
Johannes Kögel
Publication year - 2020
Publication title -
zeitschrift für politische theorie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 2196-2103
pISSN - 1869-3016
DOI - 10.3224/zpth.v10i2.05
Subject(s) - humanities , political science , philosophy
Integration ist ein Allgemeinplatz geworden. Er funktioniert als Erwartungshaltung gegenüber Migrant*innen. Begriffsanalytisch betrachtet impliziert Integration Annahmen, die in ihrer Anwendung auf die heutige Gesellschaft zu Paradoxien führen. Dies sind zum einen die Annahme einer homogenen Zielentität von Integration und zum anderen die Annahme der impliziten Asymmetrie. Versuche, diese Annahmen zu umgehen, führen zu Theoriekonstrukten, die die Bedeutung und das Verständnis von und über Integration in Zweifel ziehen. Dabei scheint es bereits dem Begriff „Integration“ inhärent zu sein, von einer zugrundliegenden Dichotomie auszugehen. Diese Dichotomie besteht zwischen einer migrantischen und nicht integrierten bzw. sich zu integrierenden Gruppe und einer non-migrantischen bzw. integrierten Gruppe. Der integratorische Sprachgebrauch transportiert dabei normative Inhalte, da die integrierte Gesellschaft als die Norm betrachtet wird, von der andere abfallen, und dient in der Praxis der „natio-ethno-kulturellen“ Grenzziehung. Integration hilft uns dabei, zwischen einem „Wir“ und den „Anderen“ zu unterscheiden. Als ethische Konsequenz, so wird argumentiert, sollte auf die Verwendung von Integration als einem wissenschaftlich-analytischen Begriff verzichtet werden. Stattdessen ist Integration als ein identitätspolitisch aufgeladener Kampfbegriff zu verstehen, dessen Überwindung als normativ geboten erachtet wird.