
BEWUSSTSEINSDARSTELLUNG
Author(s) -
Wolf Schmid
Publication year - 2018
Publication title -
godišnjak filozofskog fakulteta u novom sadu/godišnjak filozofskog fakulteta u novom sadu
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 2334-7236
pISSN - 0374-0730
DOI - 10.19090/gff.2017.1.67-96
Subject(s) - art , humanities , philosophy
Die Bewusstseinsdarstellung in der Narration kann auf zwei Weisen geschehen: 1. explizit mit Hilfe der Darstellung der Gedanken einer Figur durch den Erzähler, 2. implizit, durch indiziale und symbolische Zeichen. Die explizite Darstellung ist wiederum zu unterteilen in markierte und kaschierte Formen. Markiert ist die Darstellung, wenn durch graphische Mittel (Anführungszeichen, Kursivdruck, Sperrung und dergleichen), Inquit-Formeln (er dachte…; sie fühlte…) oder narratoriale Kommentare ausdrücklich auf den figuralen Ursprung der entsprechenden Segmente des Erzähldiskurses hingewiesen wird. Kaschierte Darstellung liegt vor, wenn der Figurentext nicht ohne weiteres als solcher zu erkennen ist, sondern formal als Erzähldiskurs ausgegeben ist wie in der sog. erlebten Rede. Die Schablonen der Gedankendarstellung werden im Durchgang durch bekannte Typologien (Dorrit Cohn, Alan Palmer, Brian McHale) und das Textinterferenz-Modell (Lubomír Doležel, Wolf Schmid), das von Michail Bachtins und Valentin Vološinovs Ausführungen zur „hybriden Konstruktion“ bzw. zur „Redeinterferenz“ angeregt ist, in eine Typologie von 6 Grundtypen der expliziten Bewusstseinsdarstellung integriert. Als spezifische funktionsbestimmende Eigenschaften der Textinterferenz werden neben der Bewusstseinsdarstellung die Uneindeutigkeit und die Bitextualität genannt. Die implizite Bewusstseinsdarstellung wird an Beispielen aus „Anna Karenina“ (L. Tolstoj) und „Student“ (Čechov) vorgeführt. Ein kurzer Abriss zur Geschichte des europäischen Bewusstseinsromans seit dem 18. Jahrhundert beschließt den Aufsatz.