Volk oder Parlament: Wer entscheidet nachhaltiger? Eine vergleichende Untersuchung von Nachhaltigkeitsabstimmungen in der Schweiz

Summary Dieser Artikel beschäftigt sich am Beispiel der halbdirekten Demokratie der Schweiz mit der Frage, wie sehr Stimmbevölkerung und Parlament dazu neigen, sich bei Abstimmungen über inter‐ und intragenerationelle Nachhaltigkeitsbelange für die zukunftsverantwortlichere Variante zu entscheiden. Die vergleichende empirische Analyse von 109 nachhaltigkeitsrelevanten Abstimmungsvorlagen, die gleichermaßen der Schweizer Stimmbevölkerung und dem Schweizer Nationalrat in den Jahren 1980 bis 2014 vorgelegt wurden, fördert dabei drei Hauptbefunde zutage. Erstens: Entgegen der theoretischen Erwartung votierte sowohl das Schweizer Volk als auch das Schweizer Parlament bei der Mehrzahl der Nachhaltigkeitsabstimmungen für die „nachhaltigere” Alternative. Zweitens: Im direkten Vergleich der beiden Entscheidungsebenen zeigte das Parlament eine deutlich höhere Bereitschaft, im Sinne der Nachhaltigkeit abzustimmen. Drittens: Das Parlament stimmte insbesondere bei Abstimmungen über intragenerationelle Nachhaltigkeitsaspekte – und hier wiederum besonders bei Abstimmungen über die Rechte von Fremdgruppen (Ausländer, Asylsuchende) – nachhaltigkeitsaffiner ab als die Stimmbevölkerung. Eine nähere Analyse der jüngsten Nachhaltigkeitsabstimmungen unter Berücksichtigung kantonaler Unterschiede macht darüber hinaus darauf aufmerksam, dass seitens der Stimmbevölkerung neben dem ökonomischen Entwicklungsstand auch die Altersstruktur des Wohnkantons einen bedeutenden Einfluss auf das Abstimmungsergebnis ausübte.