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Der Vampir im Warenhaus
Author(s) -
Lubrich Naomi
Publication year - 2015
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1111/oli.12078
Subject(s) - art , humanities
In Émile Zolas Roman über ein Kaufhaus, Au Bonheur des Dames (1883), erscheint die Mode in Gestalt einer mysteriösen Allegorie: Sie wird als Vampir inszeniert, der ihren Ort, das titelgebende Warenhaus, heimsucht. Schaufensterauslagen sehen aus wie geopferte Jungfrauen; im Keller ruhen die Waren kalt und steif in Kartons wie in Särgen; wenn sie die Stoffe betasten, fühlen die Kundinnen ihr Blut pulsieren; in den Umkleidekabinen spielen sich orgiastische, sadomasochistische Szenen ab. Anhand historischer Karikaturen hat der Sozialwissenschaftler Eduard Fuchs (1906) gezeigt, daß Vampire, Teufel und andere Monstren lange als Referenzen der Mode dienten. Doch Zola hat in seinem Roman die notorische Figur des Vampirs nicht lediglich fortgeschrieben – er hat sie bekehrt. Denn die sinnlichen Reize seines Kaufhauses wirken durchaus therapeutisch. Sie befriedigen die Kundinnen und machen sie glücklich. Positiv wirkt sich das Geschäft auch auf die Beschäftigten aus, die aus ihm ihre Unabhängigkeit beziehen. Erscheint das „Paradies der Damen“ zunächst als unheimliches Freudenhaus, so entwickelt es sich zu einer realen Utopie: zur Bühne weiblicher Emanzipation.