Premium
Das Ich und das Andere: Identität, Sinn und Erzählen in Die Amsel von Robert Musil 1
Author(s) -
Löser Kai
Publication year - 2010
Publication title -
the german quarterly
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.11
H-Index - 10
eISSN - 1756-1183
pISSN - 0016-8831
DOI - 10.1111/j.1756-1183.2010.00085.x
Subject(s) - philosophy , humanities
Robert Musils Novelle Die Amsel verhandelt die Problematik von Identität und Differenz im Selbstverhältnis. Personale Identität wird nicht substantiell als seelische Essenz oder als Einheit qualitativer Eigenschaften gedacht, sondern funktional fundiert. Sie fußt auf dem gleich bleibenden Bezug “Ich” zu unterschiedlichen Personen. Im Rahmen dieses differenzlogischen Verständnisses ist Identität niemals in einem abschließenden Sinne vollendet, sondern vollzieht sich in der Spannung von Konstruktion und Dekonstruktion. Sie bleibt stets offenes Projekt des jeweiligen Subjekts. Insbesondere anhand der zweiten Binnengeschichte der Novelle arbeitet der Artikel das Verhältnis zwischen Identitätskonstruktion und dem Akt des Erzählens heraus. Erzählen wird als Antwort auf die verstörend‐befreienden Erlebnisse des Protagonisten Azwei vorgestellt. Es vermittelt Kontinuität und Sinn, wo diese fragwürdig werden. Da Erzählen an Sprache geknüpft ist, wird die Identitäts‐ in eine Sprachproblematik überführt, die Grenzen und Möglichkeiten sprachlicher Repräsentation anzeigt. Ineinander verschränkt sind Identitäts‐ und Sprachproblematik über die Figur des irreduziblen Anderen, das jede identitätslogische Bestimmung aufhebt.