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Buchbesprechungen
Author(s) -
Abwurf der Bombe,
DM S.
Publication year - 2009
Publication title -
jddg: journal der deutschen dermatologischen gesellschaft
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.463
H-Index - 60
eISSN - 1610-0387
pISSN - 1610-0379
DOI - 10.1111/j.1610-0387.2008.07014.x
Subject(s) - citation , computer science , information retrieval , library science
Warum warfen die Amerikaner im August 1945 Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki ab? „Um einen fanatischen Gegner zu einer schnellen Kapitulation zu zwingen und weitere große Opfer auf beiden Seiten zu vermeiden,“ lautete die offizielle und in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten weitgehend akzeptierte Antwort. „Falsch!“ hieß es hingegen in dem von Alperovitz erstmals 1965 veröffentlichten Urteil: „Um mit einer Horrorvision die Sowjetunion in dem aufkeimenden Kalten Krieg einzuschüchtern und sich diplomatische wie militärische Vorteile zu verschaffen, zu einem Zeitpunkt, als Japan ohnehin schon geschlagen war.“2 Der Autor traf damit in den Vietnam-Jahren den Zeitgeschmack, konnte aber für sich in Anspruch nehmen, im Gegensatz zu anderen „revisionistischen“ Verfassern sein Werk auf eine wohldokumentierte Grundlage gestellt zu haben. Er löste damit nicht nur eine langanhaltende wissenschaftliche Kontroverse aus, sondern fand auch ein Thema, das ihn für sein ganzes Leben zu beschäftigen scheint. Er trug, um seine These zu erhärten, immer neues Material zusammen und legte mehrmals erweiterte Studien vor, bis das nun in deutscher Übersetzung vorliegende fast eintausendseitige Opus entstand. Die Grundbehauptung blieb dabei unverändert. Wer aber auf komplizierte Fragen einfache, einleuchtende und durch keinerlei Selbstzweifel getrübte Antworten vorlegt, fordert zumindest den advocatus diaboli auf den Plan. Wissenschaftliche Gegner hat Alperovitz ohnehin zuhauf, andererseits aber auch viele Anhänger. An ihm scheiden sich die Geister. Daß die amerikanische Öffentlichkeit immer noch an die unmittelbar nach Kriegsende abgegebene Begründung glaubt, führt der Autor auf die großangelegten Täuschungsmanöver von Regierungsseite zurück. Selbst der ehemalige Kriegsminister Stimson verleugnete seine frühere Opposition gegen einen Atombombeneinsatz ohne vorherigen Friedensversuch und unterstützte die Truman-Administration propagandistisch. So spricht dann auch der englische Originaltitel des vorliegenden Werkes von „the architecture of an American myth“. In Wirklichkeit, so Alperovitz, hätten die USA alle japanischen Friedensfühler bewußt ignoriert. Hätte man auf die Ratschläge vieler ziviler Persönlichkeiten – z.B. Kriegsminister Stimson und Staatssekretär Grew im State Department – wie Militärs gehört, hätte man leicht eine Einigung erreichen können, wenn man z.B. eine Garantie für den Weiterbestand der Monarchie oder eine deutliche Warnung vor dem Abwurf der Atombomben abgegeben hätte. So aber wurden die Japaner im Ungewissen gelassen und liefen in ihr Verderben. Nicht nur leichtfertig, sondern vorsätzlich, so Alperovitz' Einschätzung, wurden dabei Chancen zu einem schnellen Friedensschluß verspielt. Es ist erfreulich, daß der Autor als Motiv hinter der Passivität nicht etwa die Entschlossenheit sieht, „die schönen teuren Atombomben“ nach der langersehnten Fertigstellung nun auch am lebenden Objekt auszuprobieren, sondern „nur“ den Abschreckungseffekt gegenüber der UdSSR, um deren Machtausweitung – vor allem in Osteuropa, aber auch in Fernost – zu begrenzen. Die Rücksichten auf die öffentliche Meinung der USA, wo man den Tennô am liebsten hätte hängen sehen und Garantien für den Weiterbestand der Monarchie dagegen verübelt hätte, kommen bei Alperovitz aber wohl zu kurz. Auch scheint die Öffentlichkeit nicht bereit gewesen zu sein, nach dem Sieg über Deutschland noch einen langen und verlustreichen Krieg gegen Japan weiterzuführen. Daß es Truman und seinem