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Die »missbrauchte« Weiblichkeit
Author(s) -
Rey William H.
Publication year - 1996
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1111/j.1600-0730.1996.tb00019.x
Subject(s) - art , humanities , philosophy
Der folgende Aufsatz bietet eine kritische Analyse der ambivalenten Haltung, die der Erzähler der Joseph‐Tetralogie gegenüber der weiblichen Hauptgestalt des dritten Bandes. Mut‐em‐enet, einnimmt. Zunächst unternimmt er ihre Ehrenrettung, indem er sie von dem Odium der »Metze« befreit und sie am Anfang ihrer erotischen Beziehung zu Joseph als wahrhaft liebende Frau schildert. Da sie nur die Schein‐Gattin des Eunuchen Potiphar ist, blieb ihr bis dahin das Reich des Eros verschlossen, und sie hofft, durch Joseph die erotische Erfüllung ihrer Weiblichkeit zu finden. Diese Hoffnung wird enttäuscht, da sich Joseph auf Grund des Bundes zwischen Gott und Israel als auserwählte Gottesbraut sieht und daher dem Keuschheitsgebot gehorcht. Es ist sein homoerotisch begründeter Widerstand gegen Mut, der den Umschlag ihrer Liebe zur mänadischen Haß‐Liebe herbeiführt. Als Heimgesuchte des Fremden Gottes wird sie zum Opfer dionysischer Raserei und läßt sich zu einer Teufelsbeschwörung hinreißen, urn mil Hilfe der unterirdischen Mächte Joseph zu gewinnen. So sinkt sie zur dämonisierten »Metze« herab, und dies steht im Widerspruch zu ihrer von dem Autor geplanten Ehrenrettung. Außerdem »missbraucht« Thomas Mann Muts Weiblichkeit, indem er seine in Verse gefaßten homoerotischen Gefühle für einen Jugendgeliebten, Paul Ehrenberg, in ihre an Joseph gerichteten Liebeserklärungen einfügt. Als Medium für die homosexuellen Neigungen des Verfassers verfällt Mut seiner Entsagungsmoral und kann daher keine erotische Erfüllung finden. Letzten Endes trägt jedoch die widerspruchsvolle Erzähltaktik zu dem inneren Reichtum des Romans bei und ist daher ästhetisch gerechtfertigt. Thomas Manns sublimierte Homoerotik erweist sich als schöpferische Kraft, die in seinem Werk zum Ausdruck kommt.

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