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Celan und Shakespeare — Zum Problem der Dialogizität in der Lyrik Paul Celans
Author(s) -
Simonis Annette
Publication year - 1994
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1111/j.1600-0730.1994.tb00051.x
Subject(s) - art , philosophy , humanities
Paul Celans intensive Auseinandersetzung mit Shakespeare, die sich sowohl in den Übertragungen Shakespearescher Sonette als auch in der eigenen Lyrik Celans manifestiert, bildet den Unter‐suchungsgegenstand der vorliegenden Studie. Celans Beziehung zu Shakespeare ist zu verorten im Kontext anderer wichtiger Litera‐turbeziehungen, die für Celans Schreiben konstitutiv sind. Dabei erweist sich die dem Œuvre Celans inhärente Shakespeare‐Rezeption als paradigmatisch für die dialogische Struktur der Celanschen Lyrik selbst und für die ihr zugrundeliegende Dichtungskonzeption. Anhand der verschiedenen Textstufen bzw. Varianten eines Gedichts aus der Sammlung “Atemwende” mit dem Titel Give the Word wird auf der Textgrundlage der historisch‐kritischen Ausgabe nachvollzogen, wie Celan den Dialog mit Shakespeare realisiert, welche Motive aus früheren, eigenen Gedichten er gleichzeitig fortschreibt und wie er insbesondere einzelne Aspekte des König Lear adaptiert und modifiziert. Die Shakespeare‐Rezeption Celans vollzieht sich bezeichnenderweise vor der Folie anderer intertextueller Beziehungen, etwa der Mandelstam‐ und der Goetherezeption, die für den Lyriker ebenso signifikant waren. Gerade in ihrem teilweise verhüllten, enigmatischen Charakter vermitteln die Shakespeare‐Allusionen und ‐Zitate einen Einblick nicht nur in die Strukturprinzipien der Celanschen Lyrik, sondern auch in die dialogische Poetologie, wie sie für den mittleren und den späten Celan kennzeichnend ist.