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Leverkühns Welt Überlegungen zur Theorie der literarischen Fiktion
Author(s) -
Schmitz HeinzGerd
Publication year - 1994
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1111/j.1600-0730.1994.tb00041.x
Subject(s) - humanities , philosophy , art
In Thomas Manns Doktor Faustus stellt Leverkühns Freund Probst eine Frage, die — auf den Roman, in welchem beide Gestalten auftreten, bezogen — folgendermaßen lautet: Welchen ontologischen Status haben eigentlich Leverkühn und die Welt, in der er sich bewegt? Der Aufsatz entwickelt drei mögliche Ansätze zu einer Theorie der Fiktion: (1) den empirischen, (2) den metaphysischen Realismus und (3) den Parallelismus. Der erste betrachtet Ficta als vergangene Facta, welche durch das literarische Zeichen wider‐gespiegelt werden. Der zweite hält sie für Entitäten eines transzen‐denten Kosmos, die das literarische Zeichen in unserer Welt repräsentiert, damit mit ihrer Hilfe die Facta entweder besser verstanden oder aber besser gehandhabt werden. Der dritte schließlich leugnet, daß Ficta überhaupt in irgendeiner Verbindung zu den Facta stehen. Für inn verweisen die literarischen Zeichen lediglich aufeinander. Alle drei Positionen, die auseinander entwickelt werden, scheitern, so daß die Bestimmung einer vierten Erklärung des Fiktiven nötig wird. Diese vierte Auslegung der Funktionsweise literarischer Zeichen stellt die These des Aufsatzes dar. Sie siedelt die Ficta zwar in einer eigenen Welt an, behauptet aber zugleich, daß sie vom Rezipienten in seinem Kosmos als Facta etabliert werden.