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Hermann Brochs Roman »Der Tod des Vergil« *
Author(s) -
Kristiansen Børge
Publication year - 1977
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1111/j.1600-0730.1977.tb00715.x
Subject(s) - philosophy , humanities , art
Ausgehend von dem Todes‐ und Zeitproblem im Denken Hermann Brochs wird untersucht, wie sich die Bewältigung dieses Problems in dem Roman Der Tod des Vergil formal und thematisch realisiert. Formal wird die »Todesaufhebung« durch eine spezifische Symboltechnik und Leitmotivstruktur geleistet. Dabei zeigt sich, dass der Symbolisierungsvorgang (»Entnaturalisierung«) erstens durch eine Leitmotivik realisiert wird, die dem poetischen Verfahren Thomas Manns verwandt ist, und zweitens durch unmittelbare Erkenntnis der Symbolhaltigkeit der Welt zustandekommt. Eng verbunden mit der Todesproblematik ist auch die Zeitgestaltung des Romans. Der stream of consciousness Vergils konstituiert eine ewige Präsenz des Lebens, die als Sinnbild der noumenalen Sphäre gedeutet wird. The‐matisch lässt sich Der Tod des Vergil als ein Ringen um die Aufhebung des Todes bezeichnen, das prozessualen Charakter hat. Die wichtigsten Phasen dieses Prozesses lassen sich beschreiben als: 1) Zusammenbruch der ästhetischen Wertwirklichkeit Vergils ‐ 2) Steigerung dieses persönlichen Erlebnisses zur Erkenntnis der Nichtigkeit aller Ordnung ‐ 3) Rückgewinnung einer göttlichen Seinsgewissheit durch prophetische Schau einer neuen Wertwirklichkeit und kraft eines unmittelbaren Wahrheits‐ und Gotteserlebnisses. Eingegangen wird in diesem Zusammenhang auf die die Denkstruktur Brochs prägende Antinomie zwischen idealistischen und existentialistischen Denkpositionen. Als Ergebnis stellt sich heraus, dass die Lösung des Todesproblems die Aufhebung der »ethischen Forderung« voraussetzt, wie umgekehrt das Festhalten an dieser Forderung das Todesproblem aktualisiert. (In German) (BK)