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Beiträge zur Morphologie, Biologie und Ökologie des Sattelmückenparasiten Platygaster equestris nov. spec. (Hymenoptera, Proctotrupoidea, Scelionidae) unter besonderer Berücksichtigung seines abundanzdynamischen Einflusses auf Haplodiplosis equestris Wagner (Diptera, Cecidomyiidae) 1
Author(s) -
Spittler Heinrich
Publication year - 1969
Publication title -
zeitschrift für angewandte entomologie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.795
H-Index - 60
eISSN - 1439-0418
pISSN - 0044-2240
DOI - 10.1111/j.1439-0418.1969.tb03020.x
Subject(s) - scelionidae , hexapoda , biology , zoology , hymenoptera , parasitoid
Zusammenfassung Bei dem im nordwestdeutschen Raum gefundenen Ei‐Larvenparasiten der Sattelmücke aus der Unterfamilie der Platygasterinae handelt es sich um eine neue Art. In Anlehnung an den Wirt Haplodiplosis equestris Wagner wird ihm der Name Platygaster equestris nov. spec. gegeben. Morphologie Die Geschlechter von Platygaster equestris lassen sich äußerlich an Hand der Antennen und des Abdomens unterscheiden. Die beiden Larvenstadien zeigen im Verlauf der Entwicklung auffällige morphologische Veränderungen. In der ersten Phase entspricht die Primärlarve dem ”cyclopiform type„. Später nimmt sie eine kugelige Gestalt an. Die Sekundärlarve ist sacciform. Sie besitzt 13 Segmente und weist auf der Lateralseite des 1. Abdominal‐segments ein charakteristisches Respirationsorgan auf. Während der Vorpuppenzeit läßt sich deutlich eine Eo‐ und Pronymphenphase unterscheiden. Entwicklung Die Embryonalentwicklung verläuft monembryonal. Sie zeichnet sich aus durch totale Furchung, Differenzierung der Richtungskörper zu den ”paranuclear masses„ und Bildung eines Trophamnions. Die ”paranuclear masses„ werden später zu Pseudogerms. Schon bald nach dem Schlupf unterliegt die Embryonallarve einer Entwicklungsblockierung, die erst nach dem Abwandern der ausgewachsenen Sattelmückenlarven zur Diapause in den Boden aufgehoben wird. Die dann einsetzende Larvalentwicklung, während der die Wirtslarve bis auf die Epidermis aufgezehrt wird, dauert etwa drei Wochen. Phaenologisch gesehen fällt die Larval‐ und Pupalentwicklung in die Zeit von Mitte Juli bis Anfang Oktober. Die Überwinterung erfolgt als Imago im Pseudotönnchen. Biologie der Imagines Die Flugzeit beginnt Mitte Mai und dauert bis Ende Juni. Protandrie liegt nicht vor. Der Schlupf wird hauptsächlich durch die Temperatur ausgelöst. Als Fortpflanzungsmodus ist arrhenotoke Parthenogenese mit fakultativer Diembryonie anzunehmen. Der Sexualindex ändert sich mit der Gradationsphase des Wirts. Eine Paarung ist schon unmittelbar nach dem Schlupf möglich. Bei der Suche nach Wirtseiern wird bevorzugt das spezifische Wirts‐eihabitat angeflogen. Bei jedem Anstich werden 2 bis 3 Eier abgelegt. Die Anstichdauer beträgt etwa 90 Sekunden. Je nach dem Entwicklungszustand reagieren die Wirtseier auf den Anstich hin verschieden. Frisch abgelegte Wirtseier bilden einen Plasmapfropf, ältere einen rotgefärbten Ring urn die Anstichstelle. Bei schon differenzierten Wirtseiern erfolgt die Ablage grundsätzlich in die Leibeshöhle des Wirtsembryos. Die Weibchen von P. equestris können parasitierte von noch nicht belegten Wirtseiern unterscheiden. Der Parasitierungserfolg wird weitgehend von der Unterlage bestimmt. Ökologie Das Wirtsangebot beeinflußt die verschiedensten Strukturelemente der P. equestris ‐Population, in erster Linie die Abundanz. Nicht alle Wirtspflanzen, auf denen die Sattelmücke ihre Eier ablegt, sind für eine Parasitierung gleich gut geeignet. Bei Agropyron repens (L.) P. B. ist die starke Behaarung der Blattoberseite hinderlich, auf Avena ‐Blättern versagt der praetarsale Haftmechanismus. Der Superparasitismus übt eine puffernde Wirkung in der Phase hoher Parasitierung aus. In Verbindung mit der Nahrung bestimmt er die Große der Imagines. So läßt sich zwischen Platygaster ‐Imzgines aus einem Latenz‐ und Retrogradationsgebiet der Sattelmücke ein deutlicher Größenunterschied feststellen. Sowohl die Koinzidenz im Raum als auch die Koinzidenz in der Zeit in dem Bezugssystem Sattelmücke ‐ Platygaster ist total. Die Spezifität von P. equestris äußert sich in der engen verhaltensphysiologischen Anpassung an die Sattelmücke sowie in der Synchronisation der Entwicklung mit dem Entwicklungszyklus des Wins. Auch die mechanische und chemisch‐physiologische Seite des Parasitismus ist nahezu vollständig. Die effektive Regulation hängt von der Gradationsphase ab. Im Latenzgebiet wurde ein Parasitierungsgrad von 6,9% ermittelt, im Gradationsgebiet ein solcher von weniger als 1% und im Retrogradationsgebiet ein Parasitierungsgrad von 69,38% Die vertikale und horizontale Dispersion der Parasitierung bestätigen die Koinzidenz in Raum und Zeit. Im ursprünglichen Biotop der Sattelmücke, dem Wildgrasbestand, vermag P. equestris nicht wirksam zu werden. Die Ursache hierfür ist in der diskontinuierlichen Ver‐teilung der Wirtseier, der starken Blattbehaarung von Agropyron repens (L.) P. B. und der interspezifischen Konkurrenz zu sehen. Auf Grund seiner schnelleren Entwicklung gewinnt der Larvenparasit Chrysocharis seiuncta Del. im Falle einer Multiparasitierung immer die Oberhand. Bei der Bekämpfung der Sattelmücke kommt dem Fruchtfolgewechsel entscheidende Bedeutung zu. Durch Integration kultureller, biologischer und chemischer Bekämpfungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Wirksamkeit von Platygaster equestris läßt sich die Sattelmücke Haplodiplosis equestris Wagner auf einem wirtschaftlich bedeutungslosen Niveau halten. Summary Studying the population dynamics of the saddle gall midge Haplodiplosis equestris Wagner in the North‐Western Germany a new egg‐larval parasite, subfamily Platygasterinae, was found. With reference to the host it was named Platygaster equestris nov. spec. The sexes may be differentiated by antennae and abdomen. The female reproductive organs have two accessoric glands. In the dieroistic ovaries there are about 2500 hymenopteriform eggs, ready to deposit; they possess an additional follicular membrane with flaggellumlike adherences at the ends. During development the two larval stages show remarkably morphological changes. The primary larva, at time of hatching, is cyclopiform; later in its development it becomes swollen and nearly spherical. The mature larva is sacciform. During the prepupal period an eo‐ and pronymphal phase can be distinguished. The embryonic development takes place monembryonically. It is characterized by total cleavage, differentiation of the polar globules to paranuclear masses and formation of a trophamnion. After hatching the development of the primary larva is stopped until the beginning of host diapause. The period of larval and pupal development reaches from the end of July to the middle of October. Hibernation occurs as adult within the puparized host skin. The flying period begins about the middle of May and persists till the end of June. The female is able to reproduce parthenogenetically. Unfertilized eggs develop into males. The length of life of the adults amount to about 9 days. Copulation is possible immediately after emergence. The sexes recognize each other by behaviour. Before ovipositing the females examine the host eggs with their antennae intensively. The number of eggs laid at a single oviposition varies from 1 to 3. Parasitized eggs may be distinguished from unparasitized ones. The success of parasitization is largely dependent on the qualities of the substratum. On leaves of Agropyron repens P. B. (L) the thick pilose inhibits oviposition, on the leaves of Avena spec. the pretarsal mechanism of adherence fails. The coincidence in area as well as in time is total in the system Haplodiplosis equestris ‐ Platygaster equestris . The mechanical and chemical‐physiological aspect of the parasitism is nearly complete too. The effective regulation depends on the phase of gradation. In the latency area 6.9 per cent of the host larvae were parasitized, in the area of gradation less than 1 per cent and in the area of retrogradation the percentage of parasitism was found to be 69.38. In the original biotop of the saddle gall midge the egg‐larval parasite P. equestris nov. spec, cannot become effective mainly in consequence of the interspecific competition with the larval parasite Chrysocharis seiuncta Del. By integration of the cultural, biological and chemical methods of control with regard to the efficiency of Platygaster equestris the saddle gall midge will be kept on a level of slight economic importance.