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Untersuchungen über die ökologische und forstliche Bedeutung der Spinnen im Walde
Author(s) -
Vité JeanPierre
Publication year - 1953
Publication title -
zeitschrift für angewandte entomologie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.795
H-Index - 60
eISSN - 1439-0418
pISSN - 0044-2240
DOI - 10.1111/j.1439-0418.1953.tb01708.x
Subject(s) - umwelt , physics , humanities , philosophy , gynecology , medicine
Zusammenfassung1 Untersucht wurde die ökologische und die forstwirtschaftliche Bedeutung der Spinnen im Walde durch quantitative und qualitative Ermittlungen in verschiedenen Waldtypen unter Auswertung der bisher bekanntgewordenen Beobachtungen. 2 Alle Spinnen sind carnivore Räuber, die sich nach der Art des Beuteerwerbs in vagabundierende Jagdspinnen und seßhafte Netzspinnen unterscheiden lassen. Nach der Nahrungswahl sind pantophage, ± wahllose Spinnen (die Regel) von ± ausgeprägten Nahrungsspezialisten (die Ausnahme) zu trennen. Hinsichtlich der Nahrungsquellen unterscheiden sich in der Streuregion Beute machende Spinnen von den in der Vegetation lebenden Arten. Von rund 840 mitteleuropäischen Spinnenarten bevorzugen etwa 425 den Wald. Von diesen sind ca. 130 Jagd‐ und 295 Netzspinnenarten; 150 Arten leben in der Vegetation, 235 in der Streuregion. 3 Die ökologische Bedeutung der Spinnen beruht vornehmlich auf einer aktiven Einwirkung auf ihre Umwelt, dem Beuteerwerb. Der Umfang ihrer Bedeutung aber wird von ihrer Bevölkerungsdichte im Walde bestimmt. 4 Der Beuteerwerb umfaßt qualitativ den Beutetierkreis, quantitativ die Beutemenge. Der Beutetierkreis der pantophagen Spinnen wird begrenzt durch das örtliche und zeitliche Angebot und die (individuelle und spezifische) Fähigkeit der einzelnen Spinne, dieses auszunutzen. Körperkraft, Geschicklichkeit, Verwendung von Netzen und der Besitz von Giftdrüsenmacht die Spinnen vielen Insekten überlegen; das Beutetier wird aber im allgemeinen in einem begrenzten Größenverhältnis zu der erbeutenden Spinnenart stehen. Entsprechend setzt sich der Beutetierkreis der Spinnen in erster Linie neben der Fauna der Streuregion aus kleineren freilebenden Insekten zusammen. 5 Bei einem steigenden Angebot, z. B. im Falle einer Gradation, wird die Spinne nach den Gesetzen des Zufalls dieses Insekt relativ um so mehr erbeuten, je zahlreicher es auftritt. Hieraus ergibt sich eine hohe ökologische Bedeutung der Spinnen für die Waldlebensgemeinschaft: Sie bilden in ihr gegenüber vielen Insekten einen wesentlichen Faktor zur Erhaltung des biologischen Gleichgewichts. Eine wirtschaftliche Bedeutung ist hierdurch von vornherein nicht gegeben. Nach vorliegenden Beobachtungen kann sie (primär) positiv durch die Vertilgung von Forstschädlingen sein, aber auch (sekundär) negativ durch die Vernichtung von Parasiten. 6 Die Bevölkerungsdichte ist von dem Waldtyp abhängig, sie zeigt aber stets die gleichen charakteristischen Schwankungen. Die weitaus höchste Besiedlung zeigen urwaldähnliche Bestände; Mischbestände scheinen dichter bevölkert zu sein als Reinbestände. Nadelwälder zeigten dünnere Besiedlung als der Laubwald. Ein Kiefernwald wies die geringste Bevölkerungsdichte auf. 7 Die Bevölkerungsverhältnisse des Waldrandes zeichnen sich gegenüber denen des Waldinnern durch besondere Arten‐ und Individuendichte aus; die Spinnen können hier eine gewisse Sperre gegen die den Waldrand passierenden Insekten bilden. 8 Den erdbewohnenden Spinnen kommt für den Wurzelraum lediglich eine passive ökologische Bedeutung zu, da sie ihre räuberische Tätigkeit nur an der Erdoberfläche ausüben können. 9 Die ökologische Bedeutung der Spinnen in der Streuregion liegt in ihrem hohen Anteil an der Streumakrofauna und der lückenlosen Besiedlung der Streuregion; da sich ihre Wirksamkeit normalerweise hier gegen die Streufauna richtet, ist eine besondere forstwirtschaftliche Bedeutung nicht zu erkennen. 10 Eine gleich hohe ökologische Bedeutung für die Erhaltung des biozönotischen Gleichgewichts ist für die Spinnen in der Vegetation anzunehmen. Ihre besondere Wirksamkeit wird sich hier vornehmlich gegen die kleineren (freilebenden) Blatt‐ oder Nadelfresser, Säftesauger, Parasiten und Räuber dieses Raumes richten. — Eine forstliche Bedeutung der Spinnen kann nur in diesem Raum gelegentlich größeren Umfang annehmen.