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Die Auslösung der Nachfolgereaktion bei erfahrungslosen Jungfischen von Nannacara anomala (Cichlidae)
Author(s) -
Kuenzer Peter
Publication title -
zeitschrift für tierpsychologie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.739
H-Index - 74
eISSN - 1439-0310
pISSN - 0044-3573
DOI - 10.1111/j.1439-0310.1968.tb00017.x
Zusammenfassung1 Die Nachfolgereaktion junger Nannacara anomala läßt sich mit mechanisch bewegten Attrappen sehr gut auslösen. 2 Verschiedene Reizsituationen kann man sowohl im Successiv‐ (Einzelattrappenversuch) als auch im Simultan‐Verfahren (Zweifach‐Wahlversuch) miteinander vergleichen; dabei liefern die simultanen Zweifach‐Wahlen die genaueren Ergebnisse. 3 Bei der Bewegungsweise kommt es vor allem darauf an, daß die Einzelbewegungen schnell ablaufen: Optimal anlockend wirkt eine Bewegungsgeschwindigkeit von 70 mm/Sek. 4 Je häufiger eine Attrappe auf diese Weise bewegt wird, um so besser wirkt sie. 5 Die Amplitude der Bewegungen kann beträchtlich schwanken, ohne die Auslösewirkung einer Attrappe zu beeinflussen. 6 Eine unregelmäßige Folge verschiedener Bewegungen wirkt nicht besser als gleichförmige Rucke in konstanten Zeitintervallen. 7 Der Helligkeitskontrast und die Anordnung des Musters werden nicht beachtet. 8 Vergleicht man die Mutter‐Attrappe mit 8 unbunten Helligkeitsstufen, so werden alle Grauwerte, die sich dunkel vom Hintergrund abheben, gleichzeitig aber auch heller als Schwarz sind, genauso häufig (u. U. sogar häufiger) gewählt wie die Mutter‐Attrappe. 9 Welche Graustufe bevorzugt wird, hängt nicht von der Beleuchtungsstärke, sondern nur von der Helligkeit des Hintergrundes ab. 10 Alle Veränderungen, die sich bei einer Verringerung der Beleuchtungsstärke ergeben, lassen sich damit erklären, daß die relative Auffälligkeit heller Gegenstände vor einem dunklen Hintergrund im Dunkeln zunimmt; trotzdem wirkt auch bei schlechten Lichtbedingungen (Beleuchtungsstärke 4 Lux) nur eine dunkle Abhebung reaktionsauslösend. 11 Der optimale Abhebungsgrad kann vor einem unbunten Hintergrund genauer ermittelt werden als vor einem bunten. 12 Die Jungfische besitzen ein Auflösungsvermögen, das ausreicht, um das Schwarz‐Weiß‐Muster des mütterlichen Brutkleides zu erkennen. 13 Verschieden grob gerasterte Schwarz‐Weiß‐Muster haben eine unterschiedliche Auslösewirkung; dieses beruht aber nur darauf, daß ein fein gerastertes Muster heller wirkt als ein grobes. 14 Nicht die Gesamthelligkeit eines Schwarz‐Weiß‐Musters ist maßgebend, sondern die schwarzen und die weißen Musterelemente liefern getrennte Informationen: Die schwarze Grundfarbe “dunkler als der Hintergrund”, die weißen Punkte “heller als Schwarz”. 15 Alle 4 geprüften Farbqualitäten: Rot, Gelb, Grün und Blau werden farbig wahrgenommen. 16 Rot und Gelb haben keine ‐ weder eine positive noch eine negative ‐Auslösewirkung. 17 Dagegen läßt sich das Zuschwimmen der Jungfische mit Grün und Blau optimal auslösen. 18 Die reaktionsauslösende Wirkung von Grün und Blau beruht auf dem Helligkeitswert dieser Farben. 19 Da bei unbunten Helligkeiten, Schwarz‐Weiß‐Mustern und bei den Farben Grün und Blau nur der Eindruck der Dunkelabhebung maßgebend ist, wird eine Kombination aller dieser Merkmale nicht häufiger gewählt als eine Attrappe, die nur eines dieser Merkmale aufzuweisen hat. 20 Die übernormale Auslösewirkung bestimmter Attrappen ist entweder auf unnatürliche Abhebungsverhältnisse oder auf eine vergrößerte Auffälligkeit der betreffenden Reizsituation zurückzuführen. 21 Es wird erörtert, ob die Wirkung “überoptimaler” Attrappen auch bei anderen Auslösemechanismen auf einer Vergrößerung der Auffälligkeit beruhen könnte. 22 Die Schreck‐ oder Fluchtreaktion besitzt eine ähnliche Selektivität wie die Nachfolgereaktion; Rot und Gelb wirken nicht, Grün, Blau und dunkle Graustufen stark fluchtauslösend. 23 In der Jungfischretina sind nur Zapfen, die auch im Dunkeln in Hellstellung bleiben, vorhanden; dagegen findet man beim Erwachsenen auch Stäbchen und eine deutliche Retino‐Motorik. 24 Die kleinste Beleuchtungsstärke, bei der sich noch die Nachfolgereaktion der Jungfische auslösen läßt, beträgt ungefähr 0,3 Lux; sie entspricht damit der Zapfeneintrittsschwelle. 25 Bei dieser Beleuchtungsstärke wird Rot noch eindeutig von Grau unterschieden. 26 In Wahlversuchen mit verschiedenen flächengleichen Formen wird die Ellipse und der Kreis allen anderen (auch fischförmigen) Figuren vorgezogen. 27 Im geprüften Größenbereich (3–25 cm 2 ) wirken große Attrappen anziehender als kleine. 28 Bei mehrmaligem Auslösen der Nachfolgereaktion schwimmen die Jungfische von Versuch zu Versuch schneller auf die Attrappen zu. 29 Während einer längeren Versuchspause (3 Stunden) sinkt die Antwortbereitschaft signifikant ab. 30 Die Zunahme der Anschwimmgeschwindigkeit innerhalb einer Versuchsserie hängt von der Reizstärke und vom Alter der Versuchstiere ab. 31 Einzelne Tiere reagieren nicht (oder schlecht) auf Attrappen; sobald aber 2 Tiere beisammen sind, kann die Nachfolgereaktion in voller Stärke ausgelöst werden. 32 Es wird erörtert, welchen Anteil Wahrnehmungsapparat und neurales System am Zustandekommen der Selektivität haben. Das Auswahlvermögen würde sich schon durch ein ganz einfaches Funktionsprinzip von einzelnen Neuronen, die selektiv mit den grün‐ und blauempfindlichen Rezeptor‐Elementen verbunden sind, erklären lassen. 33 Vor einem schwarzen Hintergrund bilden die Jungfische keinen Schwärm; die Dunkelabhebung vom Hintergrund ist daher wahrscheinlich auch für das gegenseitige Erkennen der Jungfische wichtig.

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