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Beobachtuangen an einer neugebildeten Brutkolonie der Silbermöwe ( Larus a. argentatus Pontopp.)
Author(s) -
Fritsch Rudolf H.
Publication year - 2010
Publication title -
zeitschrift für tierpsychologie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.739
H-Index - 74
eISSN - 1439-0310
pISSN - 0044-3573
DOI - 10.1111/j.1439-0310.1951.tb00174.x
Subject(s) - humanities , art
Zusammenfassung 1946 brüteten erstmals fünf Silbermöwenpaare dicht beieinander in den Spiekerooger Randdünen. 1947 siedelten weitere Paare weiter südöstlich auf dem offenen Wiesenlande, wo sich die Kolonie seither stetig vergrößerte. Das vollkommen übersichtliche Gelände bot uns 1948 gute Beobachtungsmöglichkeiten. Bei Störung flogen die im Osten des Brutgebietes ansässigen ostwärts, die mehr im Süden stehenden südwärts zu ihren im gleichen Sinne getrennten Fluchtorten im Watt. Beide Gruppen haben verschiedene Fluchtdistanzen. Zur Brutzeit hören diese Flüge auf; die beunruhigten Brutvögel kreisen dann über der Kolonie. Ins Raum‐Zeit‐System (H. H ediger ) lassen sich Standplatz, Nistplatz, Fluchtort und Futterstellen einordnen. Oft lehnen die Nester an Markiersteinen an. Meist sitzt der Brüter mit dem Kopf gegen den Wind. Die relativ geringe Siedlungsdichte läßt sich vielleicht aus der übersichtlichkeit des Geländes verstehen, in welchem Reviernachbarn einander auf größere Entfernung sehen und einander Rupfkämpfe liefern. Von April bis August fällt die Gesamtzahl der Erwachsenen auf die Hälfte, vermutlich weil ungepaarte Vögel abziehen. Zum Fluchtverhalten gehören Rufe, Aufstehen, Kopfwendungen, Laufen und Fliegen. Die Fluchtdistanz am Nest nimmt im Laufe der Brutzeit ab. Ihren Mindestwert erreicht sie im Juni mit kaum 10 Menschenschritten; dann wächst sie wieder. Außerhalb der Kolonie ist sie jederzeit etwa dreimal größer als in der Siedlung. Stehen die Vögel mit den Füßen im Wasser, so flüchten sie vor dem Menschen auf halbe Distanz. Es gibt starke individuelle Unterschiede. Die Partner eines Paares scheinen in ihrem Fluchtverhalten einander angeglichen. Vermutlich unterscheiden die Möwen Annäherung, Fort‐ oder Vorbeigehen des Menschen an seiner scheinbaren Höhenzu‐ bzw. abnähme ohne bzw. mit Verschiebung gegen den Hintergrund. Sonnenlicht auf seine Gestalt vergrößert, Beschattung verringert die Fluchtdistanz. Das Wehrverhalten schützt Reviere, Gelege und Junge. Junge Artgenossen erhalten Hackschläge auf den Kopf, große Tiere werden mit Flügelschlägen, der Mensch außerdem mit Sturzflügen und Schnabelstößen bedacht. Stehende Möwen fixieren den herankommenden Feind „sukzessiv beidäugig” unter Kopfpendeln abwechselnd mit dem rechten und linken Auge. Im Fluge ist die Tiefenschätzung offenbar schlechter; die Möwen scheinen sehr langsame Fortbewegung und Stillstand des Feindes nicht zu unterscheiden, da sie in beiden Fällen vor ihm wieder ins Nest einfallen. Um den durch die Kolonie gehenden Menschen bildet sich ein eiförmiger möwenfreier Hof, indem vor ihm die Möwen in Fluchtdistanz aufstehen und hinter ihm in Rückkehrdistanz wieder einfallen. Steht der Beschauer, so wird der Hof kreisförmig; er schrumpft außerordentlich eng ein, wenn der Beobachter sich setzt oder legt. Die Jungen drücken sich bei Gefahr im Verzug; dabei lehnen sie Hals und Kopf an Unebenheiten (akustische oder taktile Wahrnehmung sich nähernder Schritte?). Dasselbe Anlehnungsbedürfnis führt sie dazu, sich an ihresgleichen anzuschmiegen. Bewegt man die Hand vor dem geduckten Jungvogel oder berührt ihn gar, so folgt er mit dem Kopf, intendiert Schnabelpicken, schnappt bei Wut zu oder „zuckt” (krampfhaftes Anziehen des Kopfes). Beim Weglaufen vor dem Verfolger fixieren ihn die Jungen sukzessiv beidäugig rückwärtsblickend; das dazu erforderliche Kopfpendeln führt zu einem Zickzackkurs. Erschreckte Jungmöwen laufen ins Watt, auch wenn die Gefahr von dort naht und sie sich ihr beim Umgehen vorübergehend nähern. Im Vergleich zur erst dreijährigen Kolonie auf Spiekeroog zeigt die mindestens vierzigjährige auf dem Memmert (F. G oethe 1937) ein einförmiges, geschlossenes Verhalten. Zufolge eigenen Vergleichsbeobachtungen sind hier die Fluchtdistanzen kürzer und streuen weniger, die Wehrreaktionen stärker. Die Memmert‐möwen fliegen geschlossen zu den Futterstellen und kehren geschlossen zurück, die Spiekerooger viel uneinheitlicher. Eierraub und Kannibalismus an Jungen sind auf dem Memmert an der Tagesordnung, auf Spiekeroog so gut wie unbekannt.

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