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Beiträge zu einem Aktionssystem des Bienenfressers ( Merops apiaster L.)
Author(s) -
Koenig Lilli
Publication year - 1951
Publication title -
zeitschrift für tierpsychologie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.739
H-Index - 74
eISSN - 1439-0310
pISSN - 0044-3573
DOI - 10.1111/j.1439-0310.1951.tb00171.x
Subject(s) - humanities , gynecology , philosophy , medicine
Zusammenfassung Der Bienenfresser läßt sich in Gefangenschaft zwar leicht aufziehen, als Erwachsener jedoch schwer halten. Aber mit einer passend eingerichteten Voliere und bei richtigem Futter gedeiht er gut, wird überaus zahm und schreitet auch zur Brut. Sehr empfindlich ist der Bienenfresser gegen plötzlich auftretende unbekannte optische Eindrücke und neigt in Gefangenschaft zu panischen, blind stürmischen Schreckflügen gegen Gitter und Wände. Zum Schlafen steckt der Bienenfresser den Kopf nicht ins Schultergefieder, sondern hält ihn schräg aufwärts (Abb. 2). Die Fortbewegung auf ebener Unterlage ist ein rasches Trippeln und gelingt rückwärts und seitwärts (auf ästen) ebenso gut wie vorwärts. Der Flug ist rasch und gewandt. Der Bienenfresser ist ein spezialisierter Luftjäger, scheint aber auch im Freileben gelegentlich Beute vom Boden aufzunehmen. Von der „Sitzwarte” aus wird die Beute beidäugig fixiert, im Flug gefangen, zur Warte getragen und dort schluckgerecht „zubereitet”. Die Giftstachel verschiedener Hymenopteren werden mitgeschluckt. Das der „Zubereitung” dienende Totschlagen und Schnabelreiben am Ast tritt häufig im Leerlauf und übersprung auf. Die Bienenschädlichkeit dieses Vogels dürfte sehr überschätzt werden. Ein Bienenstock in der Voliere, dessen Flugbienen sechs Bienenfresser den ganzen Sommer ununterbrochen „bejagten”, nahm keinen Schaden. Einige Attrappenversuche zur Frage des Beuteschemas sprechen für Bevorzugung der Merkmale „schwarzgelbgebändert” und „hornissengroß”, doch werden sogar die größten Libellenarten erbeutet (Abb. 7). Der Bienenfresser jagt auch Hornissen, ohne Schaden zu nehmen. Gegen Bienen‐ und Wespengift sind bereits die kleinen Nestlinge weitgehend unempfindlich. Selbst in heißen Trockenperioden sah ich meine Bienenfresser nie trinken, es sei denn im „Regenbad”. Die ruckartigen Bewegungen des Gefiederputzens, von Schnabelknappen begleitet, werden beschrieben. Auch Sonnenbad (Abb. 9–11), Wasserbad (Abb. 12) und auch wohl Sandbad dienen der Körperpflege. „Regenabwehrstellung” (Abb. 13). Die Lautenäußerungen des erwachsenen Bienenfressers sind sehr differenziert und fein moduliert und von bestimmten Stellungen und Ausdrucksbewegungen begleitet: Stimmfühlungsruf, Lockruf, Begrüßungsruf, Schlafensruf, Balzruf, Unbehagensruf, Nestruf, „Rüppüpp”‐Geplapper, weiblicher Paarungsaufforderungsruf, Schreckruf, männlicher Paarungsruf, Drohruf, Angstgeschrei. Trotz überaus sozialer Bindung verteidigt jeder Bienenfresser seine „Drohzone” von schwankendem Radius. Die soziale Rangordnung ist besonders zur Brutzeit sehr ausgeprägt. Das Seitwärtstrippeln kann als Imponiergehaben dienen. Am lebhaftesten sind die Kämpfe während der Fortpflanzungszeit und bei den Jungen nach dem Flüggewerden. Der Pfleger ist nicht nur Futterspender, sondern in gewisser Hinsicht auch „Sozialerx Kumpan”. Bei dem nächtlichen Reihenschlafen sitzen, anders als z. B. bei der Bartmeise, alle Vögel in einer Richtung und wärmen einander. Bei der Federfühlung scheint das Schwanzvibrieren mitzusprechen. Der Bienenfresser ist sexuell sehr stark ambivalent. Jeder Vogel verfügt über das volle Verhaltensinventar beider Geschlechter und mischt beiderlei Bewegungsweisen in buntester Folge. Das Sexualverhalten ist nicht rangordnungsgebunden. Da auch die äußeren Geschlechtsmerkmale transgredierend variieren, kann der Beobachter das Geschlecht nur bei Pärchen mit Jungen sicher bestimmen. Der balzende Bienenfresser bringt die Balz‐Ruckbewegung, im Anschluß daran oft eine ritualisierte Totschlagebewegung gegen Bauch und Füße des Partners. Zwei meiner Vögel bauten in eine künstliche Lehmwand eine Bruthöhle. Sie graben mit dem Schnabel, scharren die Erde mit den Füßen heraus, große Brocken befördern sie im Schnabel. Die zur wirklichen Paarung führende Handlungskette beginnt zumeist mit dem Unbehagensruf des Weibchens; das Männchen nimmt die zeremonielle Fütterung vor, das Weibchen nimmt die zur Paarung auffordernde Stellung ein und läßt sich vom Männchen treten. Solange gegen Ende der Nestbauzeit Kopulae (täglich bis zehn) stattfanden, war mein Pärchen stark territorial, jedoch nicht in bezug auf die Bruthöhle. Nach 10 Tagen war die Bruthöhle beendet; 7 Tage später begannen beide Partner zu brüten und lösten einander durchschnittlich alle 15–30 Minuten ab. Trotz Einsturzes des Wohnkessels, dem eine Bretterabstützung abhalf, brüteten die Vögel nach sechsstündiger Pause weiter. 22 Tage nach Brutbeginn schlüpfte der erste Jungvogel und weiterhin täglich einer. Zwei der vier Jungen starben infolge zu früher Nestkontrolle, die beiden anderen wurden 16 und 18 Tage alt. Das Pärchen begann eine neue Höhle zu graben, doch kam es zu keiner zweiten Brut. Der Fütterungsauslöser für den Altvogel ist der Bettellaut des Jungen. Der Bettelauslöser für den Jungvogel ist der Nestruf des Alten. Das Junge reagiert bis etwa zum 21. Lebenstag fast reflektorisch auf Berühren der Schnabelwinkel. Später sperrt es den Futterspender zielgerecht an. Der sich entwickelnde Bettellaut nimmt nacheinander vier an bestimmte Altersstadien gebundene Klangformen an. Die Nestlinge haben, wie Eisvogel und Blauracke, sehr lange Federhüllen. Die Befiederung setzt mit etwa fünf Tagen ein, die Augen beginnen sich etwa am sechsten Tag zu öffnen. über Gewichtszunahme und Wachstum berichtet die Tabelle S. 204. Die Nestlinge setzen mit aufgestelltem Schwanz flüssigen, nicht umhüllten Kot an der Höhlenwand ab. Sie scharren und graben schon sehr früh. Die Putzbewegungen treten eher auf als die zu putzenden Federn, Schlafensruf und Schwanzvibrieren mit etwa 18 Tagen, Beutefixieren mit 19–23 Tagen. Das Totschlagen reift erst zum Zeitpunkt des Flüggewerdens. Balzgehaben und die damit verbundene Aggressivität begannen mit etwa 50 Tagen. Das Jugendmerkmal der fehlenden Schwanzspieße erleidet Ausnahmen. Jungvögel variieren besonders stark in der Gefiederfarbe. Die Winter‐Vollmauser setzt gegen Ende Oktober ein und dauert bis etwa Ende März. Die dunkelbraune Iris der Jungvögel färbt sich im Laufe des Winters und Frühlings allmählich rot. Die Sommer‐Kleingefiedermauser beginnt etwa Ende Juli.

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