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Multivesikuläre Strukturen und Zellwandsynthese bei Psilotum triquetrum Sw. (= Ps. nudum [L.] Beauv.)
Author(s) -
Barckhaus Rudolf
Publication year - 1972
Publication title -
berichte der deutschen botanischen gesellschaft
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.871
H-Index - 87
eISSN - 1438-8677
pISSN - 0365-9631
DOI - 10.1111/j.1438-8677.1972.tb04123.x
Subject(s) - microbiology and biotechnology , physics , chemistry , biology
Diskussion und Zusammenfassung Ein elektronenmikroskopischer Vergleich der vesikulären Strukturen in den multivesikulären Körpern (MVB) bezüglich Form, Größe, Lage und Funktion mit cytoplasmatischen Organellen läßt darauf schließen, daß diese Strukturen mit Golgi‐Vesikeln Ähnlichkeit haben. Zudem zeigen die Dictyosomen in den meristematischen und postmeristematischen Sproßzellen große Aktivität, die sich in ihrer starken Vesikelproduktion äußert. Daher liegt die Vermutung nahe, daß die Vesikel der MVB im Golgi‐Komplex ihren Ursprung haben. Untersuchungen an multivesikulären Körpern tierischer (F riend 1969) und pflanzlicher Herkunft (H alperin und J ensen 1967) bestätigen diese Annahme Durch anschließende Fusion der MVB‐Membran mit dem Plasmalemma — dieser Vorgang veranlaßt H eyn (1971), von der Golgi‐Natur der die MVB umgebenden Membranen zu sprechen — entsteht an der Berührungsstelle eine schlauchartige Öffnung (Abb. 5), durch die die Vesikel aus dem multivesikulären Körper in den extracytoplasmatischen Raum zwischen Zellwand und Plasmamembran ausgeschleust werden können. Dabei nehmen die Vesikel die vor allem bei Pilzen beobachtete typische Lage von Lomasomen ein (M oore und M c A lear 1961, W ilsenach und K essel 1965, M archant et al. 1967, K ozar und W eijer 1969 a und b, G riffiths 1970, H inkelmann und K raeplin 1970, H agedorn und W einert 1971), die sich damit eindeutig von den multivesikulären Körpern herleiten lassen. Ähnliche Beobachtungen liegen vom Pilzhyphenwachstum vor (M archant et al. 1967) Diese Entstehung der vesikulären Lomasomen‐Strukturen im Cytoplasma schließt aus, daß es sich hier um Plasmalemmasomen handelt, die allein durch Invaginationen des Plasmalemmas entstehen (M archant und R obards 1968) und für deren Lokalisation ebenfalls der Raum zwischen Plasmalemma und Zellwand angegeben wird (F owke und S etterfield 1969, C ole und S hu ‐C hang L in 1970). Auf Grund von Untersuchungen an mit Auxin behandelten Knollen bei Helianthus tuberosus kamen F owke und S etterfield (1969) zu dem Schluß, daß Plasmalemmasomen nicht an der Zellwandablagerung beteiligt sind. Ebenfalls dürften die Plasmamembraninvaginationen bei Penicillium megasporum (S assen et al. 1967) keine Lomasomenfunktion haben, da die für die Zellwandsynthese typisch vesikulären Körper, die bei Psilotum so charakteristisch ausgebildet sind, zwischen Plasmalemma und Wand fehlen Bei den im Psilotum ‐Sproß auftretenden Lomasomen handelt es sich nicht um einzelne aus dem Cytoplasma durch die Zellmembran in den extracytoplasmatischen Raum ausgeschleuste Vesikel, wie dies für Wurzelhaare höherer Pflanzen (S ievers 1963) und Neurospora crassa (K ozar und W eijer 1969b) zutrifft, sondern um Gruppen von Vesikeln, die sich noch nicht geöffnet haben Auf Grund des engen Kontaktes der Lomasomen mit der Zellwand, ihrer mehr oder weniger gleichmäßigen Verteilung im extracytoplasmatischen Raum (Abb. 9 und 10), des allmählichen Verschwindens der vesikulären Formen und des dabei sich ergebenden kontinuierlichen Übergangs der granulär‐körnigen Matrix in die homogen stärker elektronenstreuende Zellwand (Abb. 9) läßt an einen Synthesecharakter der Lomasomen zum Zellwandaufbau — zumindest an Vorstufen davon — denken. Da es durch Ein‐ bzw. Anlagerung der Lomasomen zu primären und sekundären Zellwandveränderungen kommt (Abb. 1, 2, 8–10), wird ihre Funktion somit in einer Anlieferung von Bausteinen zur Wandsynthese gesehen. Dies wird noch dadurch verdeutlicht, daß sich die Lomasomen — wie schon erwähnt — von den multivesikulären Körpern herleiten, die ihrerseits aus Vesikeln des Golgi‐Apparates aufgebaut sind. Über die Syntheseleistung des Golgi‐Körpers liegen bereits eingehende Untersuchungen vor, u. a. bei der Zellplattenbildung (W haley und M ollenhauer 1963, F rey ‐W yssling et al. 1964, M ollenhauer und M orré 1966, W haley et al. 1966, P ickett ‐H eaps 1967b), bei sekundären Wandveränderungen (M ollenhauer et al. 1961, W ooding und N orthcote 1964, C ronshaw und B ouck 1965, E sau et al. 1966 a und b, M ollenhauer und M orré 1966, P ickett ‐H eaps 1967a, B arton 1968) sowie bei der Theken‐, Pollen‐ und Cystenwandbildung (L arson 1965, G rove 1970, G ooday 1971, W illemse 1972). S ievers (1963) beobachtete beim Wandwachstum in Wurzelhaarzellen das Passieren einzelner Golgi‐Vesikel durch das Plasmalemma und deren Einlagerung in die Wand. Es kommt sogar teilweise zu einer Synthetisierung von Wandfragmenten innerhalb des Golgi‐Apparates (B rown 1969, B rown et al. 1969) und zu einer verstärkten Golgi‐Vesikel‐Produktion für eine Zellwandstreckung nach geotropischer Reizung (S hen ‐M iller und M iller 1972). — Der Stofftransport in Golgi‐Vesikeln zu den Zellwänden wurde mit Hilfe der Autoradiographie (N orthcote und P ickett ‐H eaps 1966, P ickett ‐H eaps 1967 a und b, B arton 1968, G ooday 1971) und Gefrierätztechnik (M ühlethaler 1967) bestätigt Eine Funktion der Lomasomen bei der Zellwandsynthese wurde diskutiert u. a. bei Penicillium (W ilsenach und K essel 1965), Saprolegnia (H agedorn und W einert 1971), bei Chara und Nitella (B arton 1965, C rawley 1965), bei Spirogyra (J ordan 1970), bei Pilzhyphen (M oore und M c A lear 1961, M archant et al. 1967), Avena ‐Koleoptilen (H eyn 1971) und Helianthus (W alker und B isalputra 1967) Mikrotubuli, die ein beständiges Merkmal während der Zellwandverdickung sein sollen (L edbetter und P orter 1963, C ronshaw 1965, C ronshaw und B ouck 1965, E sau et al. 1966b), wurden nur ganz vereinzelt gefunden (Abb. 3 und 5). Ihre Strukturen verliefen sich in der stärker kontrastierten Wand. Daher wird angenommen, daß sie mit der Wand eine mehr oder weniger feste Verbindung eingegangen sind (Abb. 5). Ihr Durchmesser lag zwischen 150 und 200 Å, während W ooding und N orthcote (1964) und H epler und N ewcomb (1964) regelmäßig zahlreiche 200 bis 280 Å breite, parallel zur sich entwickelnden Wand verlaufende Mikrotubuli fanden. Teilweise waren sie auch mit den Sekundärwandverdickungen eng verbunden (L edbetter und P orter 1963, C rawley 1965, C ronshaw und B ouck 1965). Nicht immer lassen sich die dem Wandaufbau dienenden Tubuli bei Psilotum eindeutig erkennen. So sind die auf Abbildung 3 senkrecht zur Zellplatte liegenden fädigen Strukturen vermutlich identisch mit den mitotischen Spindelfasern. Auf Grund dieser verschwindend geringen Mikrotubulizahl läßt sich bei Psilotum von einer ausgesprochen vesikulären und granulären Lomasomenstruktur sprechen, wie sie auch in Pilzhyphen (G irbardt 1969) und Avena ‐Koleoptilen vorkommt. Neben diesen granulären und vesikulären Lomasomenbereichen können in pflanzlichen Organismen auch tubuläre und vesikuläre Strukturen nebeneinander zwischen Plasmalemma und Zellwand auftreten (G irbardt 1958, E sau et al. 1966b) F owke und S etterfield (1969) vermuten, daß es sich bei einigen multivesikulären Strukturen um eine artefaktische Neugestaltung von Plasmalemmaund Tonoplastenmembranen infolge cytologischer Prozesse handelt, während FALK (1969) die Lomasomen‐Strukturen auf Myelinisierungsartefakte auf Grund unvollständiger Fixierung zurückführt. Untersuchungen von G riffiths (1970) mit Hilfe der Gefrierätztechnik konnten dagegen eindeutig die Existenz von Paramural‐Körpern nachweisen Zusammenfassend ergibt sich bei Psilotum das Bild eines Golgi‐Vesikeltransportes in Form multivesikulärer Körper in den extracytoplasmatischen Raum zwischen Wand und Plasmalemma, wo sie als vesikuläre‐granuläre Lomasomen an der Zellwandsynthese beteiligt sind Für die freundliche Bereitstellung des Siemens‐Elektronenmikroskopes 101 danke ich Herrn Regierungsmedizinaldirektor Prof. Dr. med. G. M aass im Institut für Virusdiagnostik am Hygienisch‐bakteriologischen Landesuntersuchungsamt Münster und Frau C hrista B arckhaus für ihre sorgfältige technische Assistenz