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33. Hans Molisch: Rote Wurzelspitzen
Publication year - 1928
Publication title -
berichte der deutschen botanischen gesellschaft
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.871
H-Index - 87
eISSN - 1438-8677
pISSN - 0365-9631
DOI - 10.1111/j.1438-8677.1928.tb00325.x
Subject(s) - philosophy
Zusammenfassung1 . Aus den vorstehenden Untersuchungen geht hervor, daß es eine Anzahl von Blütenpflanzen gibt, die auffallenderweise rote Wurzelspitzen haben. Die Vegetationspunkte der Wurzeln dieser Pflanzen enthalten Anthocyan und erscheinen deshalb rot bis rotviolett. 2 . Solche rote Wurzelvegetationspunkte wurden für mehrere Familien festgestellt: Crassulaceen, Saxifrageen, Balsamineen, Melastomaceen und Compositen.Das Vorkommen roter Wurzelspitzen zeigt bis zu einem gewissen Grade auch die Verwandtschaft der Pflanzen an, denn es ist doch auffallend, daß fast alle Crassulaceen und auch die ihnen sehr nahestehenden Saxifrageen diese Eigentümlichkeit haben. Allerdings können rote Wurzelvegetationspunkte auch bei anderen, mit den Crassulaceen nicht verwandten Familien vorkommen, aber innerhalb dieser bei allen oder doch wenigstens vielen Gattungen. Wir stehen hier vor der auffallenden Tatsache, daß ein bestimmter Farbstoff, das Anthocyan, an einem kleinen, eng begrenzten Punkt, dem Wurzelvegetationspunkt, lokalisiert vorkommt und daß in diesem merkwürdigen Auftreten des Farbstoffs auch die Verwandtschaft zum Ausdruck kommen kann.3 . Der Farbstoff tritt entweder nur im Vegetationspunkte auf oder er findet sich nebenbei auch in den sich abschuppenden Wurzelhaubenzellen vor. Sobald diese absterben, verschwindet auch darin der Farbstoff. Dieser kann sich sowohl im Finstern wie im Lichte bilden. 4 . Dem Anthocyan werden bekanntlich verschiedene Funktionen zugeschrieben 1 ). In den Blüten dient er der Insektenanlockung, in den Blättern trägt er zur stärkeren Erwärmung und dadurch zur Erhöhung der Transpiration und des Stoffwechsels bei. Nach der viel umstrittenen Lichtschirmtheorie (K erner , K ny ) soll das Anthocyan in den Blättern gewissermaßen auch als Schattenspender wirken und das Chlorophyll vor allzu starker Bestrahlung schützen. Aber welche Bedeutung soll das Anthocyan in der Wurzelspitze, die ja im Boden dem Lichte entzogen ist, haben? Hier kann von einer Anlockung der Insekten, von einem Wärmeabsorbens oder einem Lichtschirm nicht die Rede sein. Eine Antwort auf die aufgeworfene Frage ist wohl derzeit nicht zu geben.