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DER TRINKER VOR DEM RICHTER *
Author(s) -
NEUMANN H.
Publication year - 1966
Publication title -
british journal of addiction to alcohol and other drugs
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 2.424
H-Index - 193
eISSN - 1360-0443
pISSN - 0007-0890
DOI - 10.1111/j.1360-0443.1966.tb04936.x
Subject(s) - gynecology , philosophy , humanities , medicine
Zusammenfassung — Häufig wird ein Richter mit Sicherheit nicht entscheiden können, ob bei einer Straftat ein chronischer Alkoholismus entscheidenden Einfluβ hatte. Die Alkoholgebundenheit eines Straftäters und deren Zusammenhang mit der Straftat wird nicht selten übersehen, häufig vom Angeklagten bewuβt verschwiegen. Zuweilen glaubt der Jurist in Strafverfahren auf das Einschalten eines mit der Suchtproblematik vertrauten medizinischen Sachverständigen verzichten zu können oder hält die Anhörung ausschlieβlich beim Termin zur Interpretation der Blutalkoholwerte für ausreichend. Blutalkoholuntersuchungen werden aber nur unter besonderen Voraussetzungen, keinesfalls aber routinemäβig nach Unfällen durchgeführt, so daβ schon deswegen nur ein Teil der Zusammenhänge Alkolhol — Straftat erfaβt werden können. Während im Anfangsstadium des chronischen Alkoholismus der Trinker in alien Kreisen — auch vor dem Richter — oft unverständliche Milde findet, begegnet man dem Trunksüchtigen mit sozialen and psychischen Schäden mit Ablehnung, Unverständnis and Härte. Über das Ausmaβ des Alkoholismus gehen die Ansichten des Richters und Arztes oft erheblich auseinander, was zur Folge hat, daβ die vorgeschlagene Durchführung einer Entziehungskur oder Anordnung von bestimmten Auflagen durch das Gericht nicht zur Durchführung kommen. An einigen Beispielen wird dargelegt, daβ die Verurteilung von Trinkern zwar rein juristisch nicht zu beanstanden, aber trotzdem unbefriedigend ist, well eine Änderung der Trinkgewohnheiten nicht zu erwarten ist und somit die Rückfallgefahr als groβ angesehen werden muβ.