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Offene Welt—Beschränktes Glück: Jean Pauls “Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz” als literarisches Zeugnis einer Übergangsepoche
Author(s) -
Niethardt Sandra M. C.
Publication year - 2015
Publication title -
the german quarterly
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.11
H-Index - 10
eISSN - 1756-1183
pISSN - 0016-8831
DOI - 10.1111/gequ.10246
Subject(s) - humanities , philosophy , art
Jean Pauls Erzählung über das “Leben des vergnügten Schulmeisterlein Wutz in Auenthal. Eine Art Idylle” (1791/1793) stammt aus einer Zeit, die Historiker, Soziologen und Literaturwissenschaftler wie Reinhart Koselleck, Niklas Luhmann, Friedrich Kittler u.a. als eine Zeit des Übergangs und umfassender Veränderungen beschrieben haben. An Jean Pauls Text haben Forscher bis jetzt vor allem die Gegenüberstellung von Wutz' idyllischer Welt und der von Todesbewusstsein und der Suche nach Sinn geprägten Welt des Erzählers hervorgehoben, in der sich der Erzähler als modernes, autonomes Subjekt behaupten muss. In dem vorliegenden Artikel stelle ich jedoch die These auf, dass solch eine dichotome Interpretation der Komplexität des Textes nicht gerecht wird und daran scheitert, Inkonsistenzen und scheinbare Paradoxa im Erzählerbericht zu erklären. Vielmehr verfolge ich die These, dass diese Brechungen als Symptome der Sinnsuche des Erzählers gelesen werden können, nachdem herkömmliche Autoritäten diesen nicht mehr bereitzustellen in der Lage sind. Retrospektiv kann so Jean Pauls Text als Zeugnis eines Prozesses der Des‐ und Neuorientiemng gelesen werden, der den Übergang von Früher Neuzeit zur Moderne begleitete. Statt eines vollausgebildeten modernen Subjekts tritt uns so im “Schulmeisterlein Wutz” ein Erzähler entgegen, an dem wir beobachten können, welch mühsame Aufgabe die Entwicklung einer neuen Identität ist.