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Heinrich von Kleists Textrhetorik: Direktheit und Aufschub in Das Erdbeben in Chili und Der Zweikampf
Author(s) -
Biebuyck Benjamin,
Elshout Helena,
Martens Gunther
Publication year - 2015
Publication title -
the german quarterly
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.11
H-Index - 10
eISSN - 1756-1183
pISSN - 0016-8831
DOI - 10.1111/gequ.10245
Subject(s) - philosophy , humanities , art
Wie sich Heinrich von Kleist zur Rhetorik verhält, ist bekanntlich umstritten und wurde bisher vor allem am Beispiel des Aufsatzes “Über die allmählige Verfertigung der Gedanken beim Reden” verhandelt. Dieser Text wird gemeinhin als Kleists Absage an die Rhetorik und als ein Plädoyer für spontanes, das Unbewusste ausdrückendes Reden gedeutet. Wenn wir die Rhetorik von Kleists Erzähltexten in den Mittelpunkt rücken, ergibt sich ein anderes Bild. Im vorliegenden Aufsatz möchten wir am Beispiel von zwei ausgewählten Novellen Kleists ( Der Zweikampf und Das Erdbeben in Chili ) den Nachweis erbringen, dass Figürlichkeit und rhetorische Strukturen auf die narrative Form und auf die Sprechakte des Textes durchgreifen. Bei rhetorisch‐narratologischer Analyse von Kleists Novellen wird darauf abgehoben, dass Kleist neben der Fabel auch eine Konfrontation von zwei Zeitparadigmen, Direktheit und Verspätung, inszeniert. Die heute gängige Auslegung von Kleists Prosa als Verkörperung einer Faszination für das Unmittelbare wird korrigiert und eine Utopie der Verspätung aufgedeckt.