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Sakramentaler Expressionismus? Zwei unveröffentlichte Briefe Georg Kaisers an Gustav Landauer
Author(s) -
Krause Frank
Publication year - 2003
Publication title -
orbis litterarum
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1600-0730
pISSN - 0105-7510
DOI - 10.1034/j.1600-0730.2003.580205.x
Subject(s) - philosophy , humanities , theology
Während Georg Kaiser in den zivilisations‐ und kulturkritischen Stücken seiner expressionistischen Produktionsphase jeden Versuch einer Ausrichtung der Praxis an metaphysischem Sinn grundlegend problematisiert, hält er in seinen Programmschriften an einem messianischen Verständnis von Literatur als Medium eines sakramentalen Aktes fest. Zwar lassen sich Kaisers programmatische Texte als Versuche interpretieren, mithilfe religiöser Deutungen die Legitimationsprobleme seiner widersprüchlichen Dramatik zu lösen; diese Interpretation setzt sich jedoch dem Einwand aus, Kaiser habe die messianische Programmatik den skeptischen Perspektiven seiner Stücke erst nachträglich aufgesetzt. Zwei bislang unveröffentlichte Briefe Kaisers an Landauer ermöglichen demgegenüber den Nachweis, daß Kaiser die zentralen Thesen dieser Programmatik bereits zur Zeit der Arbeit an seinen expressionistischen Stücken ab 1917 in Anspruch nimmt. Dieser Befund ist nicht nur für die Spezialforschung interessant, die Landauers Beitrag zu Kaisers mystischem Literaturverständnis bislang vernachlässigt hat. Als einer der zentralen Dramatiker des Expressionismus wäre Kaiser auch für die aktuelle Epochenforschung von Interesse, die das Verhältnis der literarischen Moderne zur Sakralisierung der Literatur uneinheitlich bewertet.