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Zur Kristallchemie der Oxoargentate und Silberoxometallate
Author(s) -
MüllerBuschbaum Hanskarl
Publication year - 2004
Publication title -
zeitschrift für anorganische und allgemeine chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.354
H-Index - 66
eISSN - 1521-3749
pISSN - 0044-2313
DOI - 10.1002/zaac.200400110
Subject(s) - chemistry , medicinal chemistry
Ag + und Ag 3+ zeigen in Festkörpern die unterschiedlichsten Koordinationspolyeder. In Analogie zu Oxocupraten, Oxoauraten, Oxoplatinaten usw. ist es üblich von Oxoargentaten zu sprechen. In den Oxoargentaten(I) und Oxoargentaten(III) sollte Ag + hantelförmig bzw. Ag 3+ quadratisch planar von O 2‐ umgeben sein. Es wird gezeigt, daß diese Regel häufig durchbrochen wird. Eine Parallele zu den Oxocupraten besteht nur bedingt, da Silber beinahe unabhängig von seiner Valenz ein breites Spektrum an Koordinationssphären seitens Sauerstoff toleriert. Das Review zeigt O‐Ag‐O‐Polygone, deren Bindungswinkel von 180° bis 86° reichen. Bemerkenswert sind Verbindungen mit zwei verschiedenen hantelförmig koordinierten Metallatomen O‐M‐O (M = Ag und Hg). Erstaunlich sind die häufig beobachteten triangularen AgO 3 ‐Polygone, die in vielen Fällen aber nicht von Silberatomen zentriert werden. Zwischen Oxoargentaten (Ag ist Bestandteil des anionischen Teils der Kristallstruktur) und Silber‐Oxometallaten (Ag ist Kation wie in klassischen Salzen) gibt es keine scharfe Trennung. In den Silber‐Oxometallaten zeigt Silber von den Alkalimetallen abweichende vielfältige Koordinationspolyeder, mit Koordinationszahlen C.N. = 3 bis C.N. = 12. Oxidische Verbindungen des Silbers mit Elementen mit freien Elektronenpaaren (Pb, Bi usw.) zeichnen sich durch einseitig offene Polyeder aus. Das freie Elektronenpaar (‘lone pair’) ist ergänzender Koordinationspartner und bildet gemeinsam mit Sauerstoff um diese Elemente geschlossene Polyeder. Ein freies Elektronenpaar kann aber auch die hantelförmige O‐Ag‐O‐Koordination zu einem quadratisch planaren [AgO 2 (lone pair) 2 ]‐Polygon ergänzen. Von Martin Jansen , der die Oxochemie des Silbers wie kein zweiter Chemiker mit einer Fülle an Verbindungen und Synthesewegen bereichert hat, wird seit Jahren Silber die Fähigkeit zu d 10 ‐d 10 ‐Wechselwirkungen zugeschrieben. Mit steigendem Gehalt an Silber häufen sich die erstaunlich kurzen Ag‐Ag‐Abstände, um schließlich punktuell clusterähnliche Strukturen aufzubauen. In einigen Verbindungen (Ag 2 CuO 3 , Ag 4 Bi 2 O 5 , LiAg 3 O 2 , Ag 5 BiO 4 ) sind eindimensionale Atomreihen ∞ 1 [‐Ag‐Ag‐] mit Abständen d Ag‐Ag < metallischer Abstand zu beobachten. Anisotrope elektrische Effekte sind zu erwarten. Bemerkenswert ist auch, daß sich die Bauprinzipen der Oxide des Silbers (Ag 2 O, AgO, Ag 2 O 2 , Ag 2 O 3 , Ag 6 O 2 ) nur punktuell in Verbindungen des Silbers widerspiegeln. Ein häufig auftretendes Problem ist die Zuordnung von Sauerstoff an das zentrale Silberatom. Hierzu werden im Spektrum der Ag‐O‐Abstände breite Lücken oder eingeschobene Abstände zu anderen Metallatomen und nicht zuletzt Berechnungen effektiver Koordinationszahlen berücksichtigt. Dennoch ist eine zuverlässige Definition eines Ag/O‐Polyeders in vielen Fällen nicht möglich.