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Eisen und Stahl – Baumaterial der Moderne
Author(s) -
Zimmermann Gerd,
Werner Frank
Publication year - 2019
Publication title -
stahlbau
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.268
H-Index - 19
eISSN - 1437-1049
pISSN - 0038-9145
DOI - 10.1002/stab.201900043
Subject(s) - humanities , art
Eisen und Stahl avancierten im Zuge der industriellen Revolution zum dominanten Baumaterial. Zugleich wurde klar, dass die Architektur, welche lange das historische Formenvokabular einübte und repetierte, sich nun des neuen Materials als Ausdrucksträger der Moderne bemächtigte, zu sehen in besonderer Weise am Werk von Ludwig Mies van der Rohe . Mit Konrad Wachsmann, Richard Buckminster Fuller und anderen werden weitere Dimensionen modernen Bauens erschlossen. Zum einen sind es die Konditionen des industriellen Bauens, in denen Wachsmann den „Wendepunkt des Bauens” erkennt. Jetzt geht es um Vorfertigung, Standardisierung, Rationalisierung und Systembau. Und hier spielt natürlich die möglichst universelle Verbindung der Elemente, z. B. der „Knoten”, eine besondere Rolle. Sind also die Faktoren der Industrialisierung die eine große Herausforderung, so ist es andererseits die Bewältigung der großen Dimension für modernste Infrastrukturen – Flughäfen, Stadien, Hallen. Wesentliches Ziel ist es, mit dem geringsten Aufwand an Material die größte Spannweite, die relativ leichteste Konstruktion, den größten Raum zu erreichen – Fullers Grundsatz „More with Less”, der natürlich eine Spiegelung ist von Mies van der Rohes Devise „Less is More”. Fullers geodätische Kuppeln sind ebenso die triumphalen Zeichen des Leichtbaus für gigantische Räume wie Wachsmanns Flugzeughangar oder Tensegrity‐Brücken, dies noch gesteigert in den großen Spannweiten und der empfundenen Schwerelosigkeit der Seilnetz‐ und Zeltkonstruktionen. Die Revue der enormen Karriere des Stahlbaus im 20. Jh. ist geeignet, gewisse Klischees zu beseitigen, z. B. manche Vormeinungen über die Figur des Architekten und des Ingenieurs. Zur Zusammenarbeit beider Fachdisziplinen gehört eine Art techno‐ästhetische Empathie, die Fähigkeit des Architekten, die Konstruktionen und das Material zu denken, sowie die Fähigkeit des Ingenieurs, in das Milieu der Architektur, ja auch der Kunst einzutauchen. Leute wie Fuller etwa können uns zeigen, wie fundamental es ist, über die Grenzen der Disziplinen hinaus immer erneut auf das Ganze hin zu denken.