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Bodensystematik und Bodenklassifikation Teil I: Grundbegriffe
Author(s) -
Albrecht Christoph,
Jahn Reinhold,
Huwe Bernd
Publication year - 2005
Publication title -
journal of plant nutrition and soil science
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.644
H-Index - 87
eISSN - 1522-2624
pISSN - 1436-8730
DOI - 10.1002/jpln.200421474
Subject(s) - gynecology , philosophy , medicine
Bodenordnungssysteme lassen sich meist nach zwei Prinzipien entwickeln: Entweder werden nur rein bodenkundliche Informationen als kategorisierendes Merkmal verwendet (pedogenetische Faktoren/Prozesse), oder die Kategorienbildung erfolgt problemorientiert anhand ausgewählter Parameter. Die meisten der weltweit verwendeten Bodenordnungssysteme lassen sich nach ihrer Grundausrichtung einem der beiden Typen zuordnen. Diese Betrachtungsweise ist nicht neu und wird in der Literatur mit unterschiedlichen Begriffen und Begriffsinhalten dargestellt. In der vorliegenden Arbeit werden die verschiedenen Definitionen von Systematik, Klassifikation, Taxonomie und Identifizierung zusammengefasst und geordnet. Dabei fällt auf, dass Begriffe mit sehr unterschiedlichen Inhalten oft synonym verwendet werden. Grundgedanke unserer Überlegungen ist die Trennung von Systematik, Klassifikation und Identifizierung. Systematik ist die grundsätzliche wissenschaftlich‐deduktive Gliederung von Objekten in systematische Einheiten. Dabei soll das gesamte Wissen eines Fachgebietes in eine überschaubare Form gebracht werden, im Mittelpunkt stehen sowohl die umfassende Beschreibung einzelner Objekte als auch die Beziehungen zwischen den Objekten. Im Gegensatz dazu ist eine Klassifikation die zielorientiert‐induktive Gliederung von Objekten. Die entstehenden Klassen werden nur anhand ausgewählter Parameter abgegrenzt, womit ein schneller Überblick bei speziellen Fragestellungen ermöglicht wird. Die Identifizierung ist die Einordnung von neuen Objekten in eine bestehende Systematik oder Klassifikation. Eine zweifelsfreie Identifizierung erfordert die Messbarkeit der kategorisierenden Merkmale. Bei einer genetisch angelegten Bodensystematik sind die Merkmale die Boden bildenden Prozesse und Faktoren. Da sie beim gegenwärtigen Kenntnisstand oft nicht messbar sind, bleiben Versuche, einen Boden in eine Systematik einzuordnen, häufig hypothetisch und dadurch subjektiv. Die Ergebnisse einer Bodensystematisierung sind daher oft anfechtbar, weil sie nicht durch Messwerte verifiziert werden können. Im Gegensatz dazu erlauben Bodenklassifikationen objektive Profilansprachen. Da jedoch die Festlegung der Grenzwerte eher pragmatisch nach Zweckmäßigkeit geschieht und nicht wissenschaftlich anhand von Prozessintensitäten, ist die Verwendung als grundlegendes Ordnungssystem eines Wissenschaftsgebietes nicht möglich. Die Bodenkunde benötigt beide Arten von Ordnungssystemen, um wissenschaftliche und praktische Ansprüche gleichermaßen erfüllen zu können, jedoch erfordern die Vollendung und Verifizierung der Systematik umfangreiche Forschungsarbeiten. Kurzfristig ist dieses Problem nur durch die Entwicklung einer kennwertbasierten Klassifikation lösbar, mit der die Kategorien der bestehenden Systematik so gut wie möglich nachgebildet werden. Langfristig ist die exakte Erforschung und Modellierung der Boden bildenden Prozesse aber unumgänglich.