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Freud's “Core of our Being” Between Cytology and Psychoanalysis
Author(s) -
Bock von Wülfingen Bettina
Publication year - 2013
Publication title -
berichte zur wissenschaftsgeschichte
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.109
H-Index - 8
eISSN - 1522-2365
pISSN - 0170-6233
DOI - 10.1002/bewi.201301604
Subject(s) - philosophy , humanities
Freuds „Kern unseres Wesens” zwischen Zytologie und Psychoanalyse. Dieser Artikel befasst sich mit einem Aspekt in Sigmund Freuds Werk, der zentral ist für seine psychoanalytische Theorie: die biologischen Anleihen im “Kern unseres Wesens”. Dies ist der Begriff, den Freud in seiner ersten und letzten Beschreibung des Unbewussten wählte. Dieser Begriff ist nicht nur von maßgeblicher Bedeutung für Freuds Werk, sondern auch für die miteinander verwobene Geschichte der Biologie, der Hirnforschung und der Psychoanalyse. Trotz der wachsenden Anzahl von Studien zu Freuds biologischem Hintergrund blieben die zellbiologischen Aspekte des “Kerns unseres Wesens” bisher allerdings unberührt. Bevor Freud seine therapeutische Praxis eröffnete, arbeitete er über ein Jahrzehnt als medizinischer Biologe. Im Labor zunächst von Ernst Wilhelm von Brücke, im Einflussbereich von Hermann von Helmholtz, sowie im Labor des Neurologen Theodor Meynert verbrachte er den überwiegenden Teil seiner Zeit mit der Visualisierung von (primär neuronalen) Zellen. Unter den über 100 Artikeln, die er während dieser Jahre produzierte, findet sich eine Publikation, die erstmals Bilder zu einem Phänomen präsentiert, das später als ‘nuclear motility’ in die Lehrbücher eingeht. Um darin zu beschreiben, was er im Zellkern sah, verwendete Freud den in der Mikroskopie gängigen Begriff der ‘Verdichtungen’ und führte einen weiteren, den der ‘Verschiebungen’, ein. Dies sind essentielle Termini, die Freud später nutzte, um die Traumarbeit des Unbewussten zu erläutern. Gemeinsam gelesen mit der Tatsache, dass Freud selbst sich als von Darwin inspiriert darstellte, motiviert dies dazu, die Beziehung zwischen seiner visuellen Erfahrung mit dem Zellkern und seinem Konzept des „Kerns unseres Wesens” zu untersuchen. Seine Zeichnungen und die in Wort gefassten Bilder (Metaphern) bezogen auf den Kern sind so sehr miteinander verwickelt, dass viele seiner metaphorischen Ausdrücke sich ontologisch verstehen lassen. Freud wandte sich stets gegen die Unterstellung, seine Modelle seien materiell‐biologisch deutbar. Es ist daher nicht anzunehmen, Freud hätte von seinen biologischen Vorverständnissen und Vor‐Ansichten Gebrauch gemacht, ohne sich dessen gewahr zu sein. Stattdessen spricht sein Engagement in der zeitgenössischen Auseinandersetzung zwischen plasmatischen und nucleo‐zentrischen Theorien des Gedächtnisses für eine absichtsvolle Verwendung dieser machtvollen Rhetorik.

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