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Struktur und molekulare Stapelung von Anthocyanen — Variation der Blütenfarben
Author(s) -
Goto Toshio,
Kondo Tadao
Publication year - 1991
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19911030105
Subject(s) - chemistry , stereochemistry
1914 machte Willstätter die überraschende Beobachtung, daß ein Pigment verschiedene Farben hervorbringen kann. So findet sich in der blauen Kornblume und in der roten Rose das gleiche Pigment: Cyanin. Die Vielfalt an Blütenfarben führte Willstätter auf unterschiedliche pH‐Werte in Lösung zurück. Anthocyan ändert in der Tat die Farbe mit dem pH‐Wert: Es erscheint rot in saurer, violett in neutraler und blau in alkalischer wäßriger Lösung. Willstätters pH‐Wert‐Theorie zur Erklärung der Blütenfarbenvariation ist immer noch in wichtigen Lehrbüchern der Organischen Chemie zu finden. Vor kurzem jedoch zeigten erneute Untersuchungen, daß die Farbvariation und die Stabilisierung von Anthocyanen in wäßriger Lösung andere Ursachen haben könnten, nämlich Selbstassoziation, Copigmentierung und intermolekulare sandwichartige Stapelung. Die Stapelung käme hauptsächlich durch intermolekulare oder intramolekulare hydrophobe Wechselwirkungen zwischen aromatischen Ringen etwa von Anthocyanidinen, Flavonen und aromatischen Säuren zustande. Zusätzlich könnten Wasserstoffbrücken und Charge‐Transfer‐Wechselwirkungen eine Rolle spielen. Die interessantesten Molekülkomplexe von Anthocyanen sind Metalloanthocyane wie Commelinin und Protocyanin (Pigment der blauen Kornblume). Diese rein blau erscheinenden Komplexe bestehen aus jeweils sechs Anthocyan‐ und sechs Flavonmolekülen sowie zwei Metall‐Ionen. Ihr Molekulargewicht beträgt beinahe 10000. Ein annähernder Strukturvorschlag liegt für Commelinin vor.