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„Protonenschwamm”︁‐Verbindungen und die Geometrie von Wasserstoffbrücken: Aromatische Stickstoffbasen mit ungewöhnlicher Basizität
Author(s) -
Staab Heinz A.,
Saupe Thomas
Publication year - 1988
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19881000704
Subject(s) - chemistry , medicinal chemistry
Bei bestimmten aromatischen Diaminen („Protonenschwamm”‐Verbindungen) werden ungewöhnlich hohe Basizitätskonstanten gefunden, die mit der räumlichen Wechselwirkung der eng benachbarten basischen Zentren zusammenhängen. Die wichtigsten Faktoren für diesen Effekt sind einerseits die starke sterische Spannung und die destabilisierend wirkende Überlappung der einsamen Stickstoff‐Elektronenpaare der neutralen Diamine und andererseits die starke N … H … N‐Wasserstoffbrücke, die bei Mono protonierung gebildet wird und zu einer deutlichen Verringerung der sterischen Spannung führt. Durch systematische Variation der Strukturen solcher aromatischer Diamine wurden diese Effekte in Abhängigkeit von den räumlichen Faktoren, insbesondere von der Geometrie und der Bindungslänge der N … H … N‐Wasserstoffbrücke, anhand von Röntgenstrukturanalysen untersucht. Die hydrophobe Abschirmung der basischen Zentren und der N … H … N‐Wasserstoffbrücke, die für die bisherigen „Protonenschwamm”‐Verbindungen charakteristisch war, ist zwar für die außerordentlich geringe Geschwindigkeit der Protonierung und Deprotonierung dieser Verbindungen maßgeblich, beeinflußt aber die hohe thermodynamische Basizität offenbar nicht: An einem neuen „Protonenschwamm”‐Typ ohne jegliche hydrophobe Abschirmung ließ sich vielmehr zeigen, daß nach dem „Protonenschwamm”‐Konzept sowohl sehr starke als auch kinetisch aktive Basen zugänglich sind. Die Eigenschaften der „Protonenschwamm”‐Verbindungen sind Beispiele dafür, daß kooperative räumliche Wechselwirkungen reaktiver Strukturelemente zu Eigenschaften führen können, die sich aus einer Betrachtung der einzelnen funktionellen Gruppen nicht ableiten lassen. Solche „Proximitätseffekte” haben zweifellos in Chemie und Biochemie eine allgemeine Bedeutung; die Untersuchung ihrer Struktur‐Funktions‐Beziehungen verdient eine stärkere Beachtung.