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Die Pyrolyse von Aziden in der Gasphase
Author(s) -
Bock Hans,
Dammel Ralph
Publication year - 1987
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19870990605
Subject(s) - chemistry
Die Chemie der Nichtmetalle hat in den letzten Jahren eine oft als Renaissance bezeichnete stürmische Entwicklung erlebt. Als Beispiel sei auf die Entdeckung zahlreicher kurzlebiger Verbindungen mit Mehrfachbindungen zwischen Elementen der dritten und höherer Perioden hingewiesen; oft gelang auch die gezielte Synthese kinetisch stabilisierter Derivate mit sperrigen Alkylgruppen. So kennen wir heute beispielsweise Silabenzole H 6 C 6 – n Si n und Silaethene H 2 SiCH 2 und R 2 SiCR 2 , Disilene R 2 SiSiR 2 und Diphosphene RPPR, Phenylsilaisocyanid H 5 C 6 –NSi und Methylidinphosphane R–CP. Sandwich‐Verbindungen mit P 5 ‐ und P 6 ‐Ringen oder Si‐Zentren illustrieren, daß der Imagination der Nichtmetall‐Chemiker kaum noch Grenzen gesetzt sind. In krassem Gegensatz hierzu steht unsere Unkenntnis vom „mikroskopischen” Ablauf chemischer Reaktionen: Abgesehen von Informationen z. B. aus Molekülstrahl‐Experimenten oder numerisch genauen Berechnungen an Ensembles aus wenigen Atomen ist für Moleküle mittlerer Größe weitgehend unbekannt, aus welchen Richtungen sie aufeinander stoßen müssen, um einen „Reaktionskomplex” zu bilden, wie sich dabei ihre Strukturen ändern oder welche Rolle die Moleküldynamik beim Energietransfer spielt. An der Pyrolyse von Aziden X–N 3 , die in kondensierter Phase nach Zündung mit Wucht explodieren, in der Gasphase unter vermindertem Druck jedoch gefahrlos erhitzt werden können, läßt sich zeigen, daß Untersuchungen an reaktiven Zwischenprodukten nicht nur wegen der Entdeckung neuer Verbindungen und der Entwicklung neuer Synthesemethoden von Interesse sind. Zusätzlich können Teilaspekte des „mikroskopischen” Ablaufes dieser Azid‐Pyrolysen durch berechnete Energiehyperflächen zufriedenstellend beschrieben werden, und der Einfluß der Moleküldynamik wird experimentell in der „chemischen Aktivierung” von Zwischenprodukten sichtbar, die zu deren „thermischem Zerplatzen” führt.