Premium
Zellen mit manipulierten Funktionen: Neue Perspektiven für Zellbiologie, Medizin und Technik
Author(s) -
Zimmermann Ulrich,
Scheurich Peter,
Pilwat Günter,
Benz Roland
Publication year - 1981
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19810930406
Subject(s) - chemistry , microbiology and biotechnology , biology
Die elektrische Leitfähigkeit und Permeabilität einer Zellmembran, die den Stoff‐ und Informationsaustausch zwischen Zelle und Umgebung reguliert und steuert, läßt sich durch elektrische Felder reversibel erhöhen. Wenn Zellmembranen (oder auch künstliche Lipidmembranen) einem Feldpuls hoher Intensität und kurzer Dauer (ns bis μs) ausgesetzt werden, kommt es zu einem lokalen elektrischen Durchbruch der Membran. Der elektrische Durchbruch ist mit einer so großen Permeabilitätsänderung der Membran verbunden, daß normalerweise membran‐impermeable Substanzen und Teilchen (bis zur Größe von Genen) in die Zelle geschleust werden können. Die ursprünglichen Eigenschaften der Membran regenerieren sich – je nach Bedingungen – innerhalb von μs bis min. Der elektrische Durchbruch in der Membrankontaktzone von Zellen (oder Lipidvesikeln), die durch Einwirkung schwacher, inhomogener elektrischer Wechselfelder aneinandergelagert worden sind, führt zur Verschmelzung (Fusion) dieser Zellen. Dabei bildet sich eine Zelle mit neuen funktionellen Eigenschaften. Das Fusionsverfahren ist sehr schonend, und die Ausbeute an fusionierten Zellen ist hoch. Die elektrisch induzierte Fusion und die Einschleusung von membran‐impermeablen Substanzen und Genen in Zellen ermöglichen es, eine Vielfalt von Zellen mit manipulierten Funktionen zu gewinnen, mit denen viele Probleme der Zellbiologie, Medizin und Technik gelöst werden können (oder bereits gelöst worden sind). Diskutiert werden die Anwendungen des elektrischen Durchbruches der Membran für die klinische Diagnostik, die Entwicklung von zellulären Trägersystemen für den selektiven Transport von Pharmaka zu einem Wirkungsort im Organismus und die potentiellen Möglichkeiten der elektrisch induzierten Fusion zur Züchtung von salztoleranten Kulturpflanzen, zur Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser mit Sonnenenergie in Ethanol, zur Synthese von Naturstoffen und zur Genmanipulation.