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Die Bedeutung von Mutanten bei Enterobacteriaceen für die chemische Erforschung ihrer Zellwand‐Polysaccharide
Author(s) -
Lüderitz O.,
Westphal O.
Publication year - 1966
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19660780303
Subject(s) - microbiology and biotechnology , chemistry , biology
Enterobacteriaceen bilden als äußere Zelloberfläche eine Zellwand, die aus einer rigiden Struktur (Murein) besteht, auf welche Protein, Lipoid und Polysaccharid aufgelagert sind. Bei den bakteriellen Wildformen (S‐Formen) ist das Polysaccharid species‐spezifisch und Träger der serologisch determinanten Gruppen des jeweiligen O‐Antigens. Es handelt sich um Heteropolysaccharide, an deren Aufbau bis zu acht verschiedene Monosaccharide beteiligt sein können. Gebunden an Lipoid A, stellen die Lipopolysaccharide der Zellwände die Endotoxine dieser Bakterien dar. – In den letzten Jahren ist die Struktur der enterobakteriellen Zellwand‐Polysaccharide durch chemische, immunchemische, biochemische und genetische Untersuchungen besonders bei Salmonellen weitgehend aufgeklärt worden. Sie sind aus zwei Anteilen aufgebaut: einem allen Species gemeinsamen Kern‐ oder Basal‐Polysaccharid, an welches (bei den S‐Formen) längere species‐spezifische Seitenketten gebunden sind, die aus sich wiederholenden Oligosaccharid‐Einheiten bestehen. – Durch spontane S → R‐Mutation entstehen R‐Formen, welche sich als Verlust‐Mutanten der Wildformen in Bezug auf die Biosynthese des kompletten Zellwand‐Polysaccharids erwiesen haben. Gegenüber der Vielfalt an serologischen Spezifitäten der S‐Formen findet man bei R‐Formen nur einige wenige Serotypen (RI, RII u. a.) Die R‐Polysaccharide entsprechen Zwischenstufen in der Biosynthese des Polysaccharids der Wildform, und die S → R‐Mutation führt jeweils zum Verlust (oder zur Blockierung) eines am Aufbau des S‐Polysaccharids beteiligten Enzyms (Transferase, Synthetase). Neuerdings konnten viele bisher unbekannte Verlust‐Mutanten isoliert und analysiert werden, wodurch zahlreiche biosynthetische Zwischenstufen des Zellwand‐Polysaccharids, z.B. von Salmonella minnesota, der direkten Analyse zugänglich wurden. – Nach diesen Untersuchungen bestehen die Zellwand‐Polysaccharide der Salmonellen aus einer Polyheptosephosphat‐Grundkette, welche über Ketodesoxyoctonsäure (KDO) an Lipoid A gebunden ist. An die Grundkette sind Pentasaccharid‐Einheiten vongebunden (RII‐Struktur). Alle übrigen R‐Formen sind strukturell Verlust‐Mutanten von RII. In den kompletten Polysacchariden der Salmonella‐S‐Formen sind an das terminale N‐Acetylglucosamin der RII‐Struktur die sich wiederholenden Oligosaccharid‐Einheiten der spezifischen Seitenketten gebunden.