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Der künstliche Schutz des Holzes durch Ätzsublimat (Kyanisierung)
Author(s) -
Moll Friedrich
Publication year - 1913
Publication title -
angewandte chemie
Language(s) - German
Resource type - Journals
eISSN - 1521-3757
pISSN - 0044-8249
DOI - 10.1002/ange.19130266702
Subject(s) - german , citation , library science , humanities , computer science , philosophy , linguistics
Die Holzkonservierung gehort zu den altesten Kunsten des Menschen. Genaue und zuverlassige Angaben uber sie finden wir schon in den ersten auf uns gekommenen Schriften. Die romischen Bauund Ackerbauschriftsteller, wie C a t o , P l i n i u s , V i t r u v i u s und P a l l a d i u s , geben uns genaue Einzelheiten uber die angewendeten Verfahren und die benutzten Stoffe. Von den Salzen scheinen besonders Meersalz, Alaun und Salpeter fruhzeitig zur Holzkonservierung gedient zu haben. Das ganze Mittelalter fuBt in seiner bautechnischen Wissenschaft fast ausschlienlich auf dem Werke des V i t r u v i u s : ,,lo Bucher uber Baukunde". DaB die Kunst der Holzkonservierung tatsachlich ausgeiibt wurde, dafiir ist Beleg eine eigenartige Notiz in der Kirchenrechnung einer kleinen Stadt Frankens aus dem 15. Jahrhundert, nach welcher der Kessel geflickt werden muBte, ,,da man Britter in gesotten hat", und eine weitere Notiz, daB man zu diesem Zwecke einige Scheffel Salz beschafft habe. Schon die niichste Stelle in der wissenschaftlichen Literatur nennt das Salz, mit dem wir im nachstehenden naher zu tun haben werden. In den Memoires de l'academie dea sciences (Paris) 1705 lautet ein kurzer Absatz : ,,A cette occasion M. Homberg ajouta, qu'une personne de qualite en province, ne sachant comment faire pour avoir le parquet, que les vers ne lui mangeassent pas en peu d'ann h , ainsi qu'il arrive en se paid&, il lui avoit conseille de tremper son parquet dans de l'eau, oh l'on auroit mesle du sublime corrossif, ce qui avoit trhs-bien rhussi. Auf Deutsch: Bei dieser Gelegenheit fugte Herr H o m berg (ein sehr bekannter Arzt und Mitglied der Akademie) hinzu, daB ein hochgestellter Herr aus Siidfrankreich, der nicht wuBte, wie er seinen FuBboden vor den Wiirmern schiitzen sollte, die ihn, wie es dort zu Lande oft vorkam, in wenigen Jahren auffraaen, geraten habe, die Bretter in Wasser zu tauchen, dem man Sublimat zugesetzt habe. Dieses habe sehr gut geholfen." Im Jahre 1739 wird das Sublimat abermals in denselben Abhandlungen in einer groBeren Arbeit von B a s t e r uber die Bekampfung des Seewurmes an der hollandischen Kiiste erwahnt. Man hatte dort die verschiedensten Holzer mit Lijsungen von Arsenik oder von Sublimat angestrichen. Einen Erfolg hatte diese MaBregel nicht gehabt. Da in spateren Veroffentlichungen bis in die neueste Zeit hin, hierauf zuriickgegriffen wird, so scheint es nicht unwichtig zu sein, auch den Grund dieser Erfolglosigkeit anzugeben. B a s t e r spricht ausdriicklich von Anstrichen. Diese dringen so gut wie gar nicht in das Holz ein und werden daher natiirlich im Umsehen wieder abgespiilt . OrdnungsgemiiB impriignierte Holzer, bei denen die Lijsung in tiefere Schichten des Holzes eingepreBt worden ware, sind dagegen gar nicht versucht worden. Abermals 30 Jahre spiiter legten, angeregt durch eine groBe Studie des beriihmten englischen Arztes Sir J o h n P r i n g 1 e , die franzosischen Arzte B o i s s i e u und B o r d e n a v e (1767) der Akademie der Wissenschaften zu Dijon eine Preisarbeit uber die Verhinderung der Fiiulnis vor, in welcher besonders das Sublimat als auBerordentlich wirkSam genannt wurde. Waren bis zum Jahre 1800 die Arbeiten iiber Holzkonservierung noch verhiiltnismaBig selten und unzusammenhiingend, so beginnt jetzt, angeregt durch das aubrordentliche Interesse der englischen Regierung an der Erhaltung ibrer holzernen Kriegsschiffe, eine ganze Reihe systematischer Untersuchungen. Zu den Forschern auf diesem Gebiete, deren Arbeiten von dauerndem Erfolg gekront blieben, gehort auch der englische Chemiker J. H o w a r d K y a n. Dieserkniipfteandie ArbeitenvonM a c b r i d e und B o r d e n a v e an. Als erstes Untersuchungsobjekt diente ihm das EiweiB. Dann dehnte er seine Studien auf das von B e r z e 1 i u s im Jahre 1813 entdeckte pflanzliche EiweiB aus. K y a n hielt namlich dieses fur die letzte Ursache der Holzfaulnis. Da die Anschauung K y a n s auch heute noch weit verbreitet ist, so erscheint es angebracht, sich mit der Begriindung, die von K y a n gegeben wurde, auseinanderzusetzen. Die alte Naturwissenschaft glaubte, daB allgemein ein Stoff um so schneller zerfalle, je zusammengesetzter sein chemischer Aufbau sei. Nun sah man damals das Holz fur einen chemisch ziemlich einfach gebauten Stoff an und war der Meinung, daB ihm gegeniiber das EiweiB, also auch das pflanzliche EiweiB, auBerordentlich vie1 komplizierter gebaut sei. Man schloB daher, daB zunachst dieses faule und dann gewissermaBen durch Kontaktwirkung das Holz anstecke. Die Bestrebungen der Holzkonservierung gingen demzufolge darauf hinaus, entweder das EiweiB zu entfernen (durch FloBen, WKssern, Dlimpfen usw.) oder es durch chemische Reagenzien in einen widerstandsfiihigeren Zustand zu iiberfiihren. Man hatte zwar auch schon erkannt, daB die Faulnis des Holzes fast stets mit dem Auftreten von Pilzen vereinigt war, glaubte aber, in diesen Pilzen nicht die Ursache der Faulnis zu sehen, sondern ein Umwandlungsprodukt des faulen Holzes. Noch der alte Forstrat N o r d l i n g e r gab uber diese Umwandlung der Holzzelle in die Pilzzelle eine Schrift heraus; spater allerdings wurde er zu einem der gllnzenden Anwalte der Lehre, daB alle Holzfaulnis einzig und allein die Folge der Pilzangriffe sei, und daB das Holz geschutzt werden konne, wenn man diesen Pilzen die Lebensbedingungen abschnitte. Diese Anschauung wurde spater durch P a s t e u r , H a r t i g , T u b e u f und andere weiter ausgebaut. Wihrend K y a n noch mit seinen Studien beschiiftigt war, teilte W i 1 1 i a m C h a p m a n (1817) wohlgelungene Versuche iiber Bekampfung des Hausschwammes durch Losungen von einem Teile Sublimat auf 160 Teile Regenwasser mit. Im Jahre 1821 machten der bekannte Physiker Sir H u m p h r e y D a v i s und Mr. K n o w l e s die Admiralitit auf die K y a n schen Arbeiten aufmerksam, doch verhielt sich diese zunachst noch liingere Zeit abwartend. Erst nachdem K y a n sein Verfahren im Jahre 1832 zum Patent angemeldet hatte, wurde sein Verfahren in den Jahren 1832 bis 1836 durch den Physiker F a r a d a y und durch C a p t a i n A l d e r s o n im Arsenal zu Woolwich einer eingehenden Erprobung untemorfen, bei der es geradezu glanzend abschnitt. Schwammkeller im heutigen Sinne kannte man damals noch nicht. Dagegen besaB die Werft eine groBe Abfallgrube. In diese wurden kyanisierte Holzer, Segel usw. mit rohen Holzern zusammen hineingeworfen. Die impragnierten Holzer blieben wahrend der funfjahrigen Probezeit unversehrt, wahrend von den rohen nichts mehr zu finden war. Dieses gunstige Ergebnis hatte eine Reihe grofierer Auftrage an K y a n zur Folge, und um ihnen nachkommen zu konnen, legte er in der Umgegend von London drei Anstalten an, deren eine speziell fi ir Schiffbauholzer bestimmt war. DaB das Verfahren sich einer steigenden Beliebtheit erfreute, dafiir legte die technische Literatur den Beweis ab. In T r e d g o l d s Carpentry wird eine Reihe gut gelungener Hausschwammassanierungen durch K y a n s Verfahren mitgeteilt. Von den Architekten jener Zeit, deren Ruf durch ihre Bauten sich bis auf die heutige Zeit erhalten hat, seien als Fursprecher des Verfahrens nur Sir R o b e r t S m i r k e und I m w o o d (der Erbauer der St. Pancraskirche zu London) genannt. F a r a d a y (bekannt durch seine physikalischen Entdeckungen) hielt 1837 seine Antrittsrede in der Akademie der Wissenschaften zu London iiber K y a n s Verfahren. Alle die einzelnen Beobachtungen wurden endlich durch eine Probe im GroBen zusammengefal3t und4bestiitigt. Auf der Werft zu Cowes wurde im Jahre 1837 ein Schiff von 420 Tonnen, der Samuel Enderby, vom Stapel gelassen, dessen gesamtes Material einschlieRlich Tauen, Segeln, Tischen, Kojen usw. kyanisiert war. Bald nach seiner Fertigstellung machte das Schiff eine mehrmonatliche Reise in die Siidsee, auf der das Schiff sehr heiBes Wetter antraf. Nach der Riickkehr wurde die Mannschaft genau auf ihren Gesundheitazustand untersucht. In dem Bericht uber die Untersuchung heil3t es, daB selten die Mannschaft eines Schiffes sich so wohl und geaund befunden habe, ah auf dieser Reise. K y a n s Verfahren gewann nun immer mehr Anklang im Lande. Inzwischen hatte Sir W i 1 1 i a m B u r n e t t ein Verfahren zum Patent angemeldet, nach welchem Chlorzinklauge in einem geschlossenen eisernen Zy-