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Das Strafrecht stellt bekanntlich den schärfsten Mechanismus sozialer Kontrolle in den modernen Staaten dar. Durch die Strafe reagiert es auf erhebliche Eingriffe in fundamentale Güter der organisierten Gesellschaften, die durch mildere Mittel nicht geschützt werden können. Diese Reaktion erfolgt durch Beeinträchtigung wichtiger Güter des Täters selbst. Gleichzeitig begleitet die Strafe mit ihrem sozialethischen Vorwurf und ihrer stigmatisierenden Wirkung den Verurteilten in seinem Leben weit über ihre Vollstreckung hinaus. Der oben dargestellte Charakter des Strafrechts macht klar, dass mit ihm nicht nur ein Schutzmechanismus für wichtige Güter einer Gesellschaft verbunden ist. Es ergibt sich vielmehr gleichzeitig ein Mechanismus der Einschränkung oder der Verletzung von Grundfreiheiten des Bürgers, der unter seinen Folgen leidet.1 Wie treffend bemerkt wird,2 übernimmt der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit im modernen Verfassungsstaat zählt. Aus diesem Grund bedarf das Strafrecht in besonders großem Maße einer Bestimmung von Prinzipien und Grenzen, durch die die repressive Aktivität des Staates gegen das Verbrechen kontrolliert werden kann.3 In diesem Sinne ist das Strafrecht mit dem Schutz von Grundrechten und dem Rechtsstaat eng verbunden.4 Damit wird auch deutlich, warum die Prinzipien und die Grenzen der Ausübung der Strafverfolgung in den modernen Staaten meistens verfassungsrechtlich garantiert werden. Noch komplexer wird die Sachlage im Rahmen überstaatlicher, internationaler Strafverfolgung. Grund hierfür ist, dass in diesem Fall gleichzeitig die Beziehung zwischen der überstaatlichen Organisation und jedem Mitgliedstaat und die besonderen Zuständigkeiten der überstaatlichen gegenüber der nationalen Ebene definiert werden müssen. Ferner sollen komplexere – sich auf mehrere Ebenen abspielende – Prozesse etabliert I.

Das Strafrecht in der Unionsgrundordnung: Status quo und Herausforderungen nach dem Vertrag von Lissabon