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Es ist in den letzten Monaten viel geschrieben worden über die Erfahrungen des ver.di-Bezirks Stuttgart mit Streiks und daraus folgender gewerkschaftlicher Erneuerung. Grund dafür ist, dass der Bezirk Stuttgart viel streikt, also eine hohe Anzahl von Streiktagen über teilweise lange Zeiträume hat. Grund dafür ist auch, dass Stuttgart erfolgreich streikt in dem Sinne, dass sich Beschäftigte aktiv einbringen, dass bisher nicht aktive Beschäftigtengruppen neu auftreten und eingebunden werden und durch demokratische Beteiligung eine Streikdynamik entsteht, die uns durchsetzungsfähiger macht. Und nicht zuletzt wurden wichtige Flächentarifauseinandersetzungen wie der Kampf um den Manteltarifvertrag 2007/08 im Einzelhandel, der Streik gegen die Einführung der 40-Stunde-Woche im öffentlichen Dienst (2005/2006) oder die letzte große Tarifauseinandersetzung 2013 im Einzelhandel hier in Baden-Württemberg mit in Stuttgart entschieden. Unsere Hauptthese ist, dass die Art und Weise, wie die Streiks in Stuttgart angelegt sind, die gewerkschaftliche Organisationsmacht steigert; dass also unser Fokus auf Demokratisierung des Streiks und wirkliche Beteiligung der Beschäftigten die Arbeitskampffähigkeit vergrößert. Die Diskussion um gewerkschaftliche Erneuerung und die Steigerung gewerkschaftlicher Organisationsmacht ist aus zwei Gründen überlebensnotwendig für ver.di und andere Gewerkschaften: Zum einen werden Angriffe auf Arbeitsbedingungen und Gehälter der Beschäftigten von Arbeitgeberseite offensiver geführt, gerade in Dienstleistungssektoren wie im Handel, aber auch im öffentlichen Dienst. Die Androhung einer Arbeitsniederlegung reicht bei Weitem nicht mehr aus, um die Arbeitgeberseite zu Zugeständnissen oder Kompromissen zu bewegen, sondern Beschäftigte müssen tatsächlich streiken, um ihren Tarifforderungen Nachdruck zu verleihen. Die Erfahrung im Dienstleistungsbereich ist, dass lange Auseinandersetzungen notwendig sind, um Verschlechterungen abzuwehren, von Verbesserungen ganz zu schweigen. Deutlich wird dies an der Tarifrunde Einzelhandel Baden Württemberg 2013. Ursprünglich als reine Entgeltrunde angelegt, entwickelte sich die Tarifauseinandersetzung nach der Kündigung des Manteltarifvertrages (MTV) durch den Arbeitgeberverband zu einem Konflikt um die Wiederinkraftsetzung des MTV. Die Arbeitgeberverbände hatten, um eine neue Entgeltstruktur zu „erpressen“, den MTV gekündigt. Hintergrund ist die Auseinandersetzung um eine neue Entgeltstruktur. Getarnt als „Modernisierung“ wollen die Arbeitgeber hier wesentliche Verschlechterungen bei der Eingruppierung und damit bei der Bezahlung u. a. der Kassiererinnen durchsetzen. Die Entgelterhöhung war vielen Streikenden zwar wichtig, trat aber in den Hintergrund, da die Verteidigung des MTV gegen die „Erpressungspolitik“ und die Zurückgewinnung der eigenen Handlungsfähigkeit vorrangig waren. Die Ausein-

Demokratisierung als Schlüssel für den Aufbau von Organisationsmacht: Erfahrungen des ver.di-Bezirks Stuttgart