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Die Dissertation versteht sich als ein Beitrag zur historischen Inklusions- und Exklusionsforschung. Sie greift die von Niklas Luhmann formulierte These auf, nach der stratifikatorisch differenzierte Gesellschaften Exklusion über ihre ökonomischen Haushalte regulieren. In solchen Überlebensgemeinschaften wissen sich die ihnen zugehörigen Personen über reziproke Rechte und Pflichten unmittelbar aneinander gebunden. Exklusionen sind das Resultat sozialer Anlässe, in denen ein Potenzial begründet liegt, das auf dem Leistungsausgleich basierende Ordnungsprinzip zu unterminieren. Das Ziel der Dissertation ist es, anhand der Semantik des Bettlers zu zeigen, dass sich bereits in stratifikatorisch differenzierten Gesellschaften soziale Strukturen angelegt finden, die nicht ohne weiteres der Norm der Reziprozität gehorchen und die sich im Fortgang der sozialen Evolution zu deren Überwindung nutzen lassen. Sie geht dabei von der Grundannahme aus, dass es sich beim Betteln und Almosengeben um Operationen des in der Gesellschaft sich ausdifferenzierenden Interaktionssystems der personalen Hilfe handelt. Das Interaktionssystem der personalen Hilfe ist soziologisch deshalb so interessant, weil es Verhaltensroutinen offeriert, die den Geber und Nehmer des Almosens als komplementäre Rolleninhaber konstituieren. Es vermag auf diese Weise die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs von Kommunikationen zu erhöhen, ohne einen Leistungsausgleich zwischen den an ihm beteiligten Personen in Aussicht stellen zu müssen. Historisch betrachtet war es aber gerade der durch die fehlenden Pflichten gekennzeichnete Sozialstatus des Bettlers, der dem politischen System Chancen eröffneten, gesellschaftliche Steuerungsansprüche anzumelden und sich als ein autonomes, von religiösen Limitationen der ständischen Gesellschaftsordnung befreites Funktionssystem auszudifferenzieren

zenodo (cern european organization for nuclear research)

Reziprozität - ein sozialintegrativer Mechanismus der Gesellschaft?: Darstellung des Wandels historischer Ordnungsvorstellungen am Beispiel des Bettlers