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Im November 2012 fand in Boston die 11. International Semantic Web Conference (ISWC 2012) statt. Zwei eigene papers dort (in zwei verschiedenen workshops) und, naja, eine gute Gelegenheit, Sir Tim Berners-Lee von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen – kurz: mindestens drei gute Gründe, die Konferenz zu besuchen. Trotz dieser Einleitung soll dieser Beitrag kein Konferenzbericht sein. Ich werde vielmehr versuchen, einen Blick in die Zukunft des Semantic Web zu wagen, wie sie sich mir vor allem durch eine ISCW panel session, an der u. a. Tim Berners-Lee teilgenommen hat, darstellt. Vielleicht ist ja die PIK nicht nur ein Ort für wissenschaftliche Berichte aus der Arbeit der diversen Arbeitsgruppen im Umfeld von „Kommunikation und Verteilten Systemen“, sondern auch ein Organ, in dem man sich gegenseitig auf gewisse Großwetterlagen aufmerksam macht. Es gilt hier allerdings wie bei allen anderen Wetterberichten auch: Das gefühlte Wetter ist möglicherweise nicht das wahre Wetter... In meiner naiven Sicht auf die Dinge stelle ich mir das Semantic Web als eine Substruktur „unter“ dem heute üblichen „Web“ (wie ich es ab hier nennen werde) vor, eine Substruktur, die geeignet ist, inhaltliche Bezüge zwischen den Dokumenten des Web einerseits und den darin dargestellten realweltlichen Objekten andererseits herzustellen. (Manchmal kommt etwas Verwirrung in die Sache, wenn man nämlich auch eine Webseite als ein „realweltliches Ding“ begreift.) Diese Substruktur soll helfen, den Inhalt von Webseiten nicht nur mittels Volltextsuche, sondern mit Hilfe von Metadaten („Schlagworten“) zu erschließen. Wobei es nicht – wie beim HTML-Tag „meta“ – um Schlagworte für jeweils eine komplette Webseite geht, sondern um Schlagworte für einzelne HTMLElemente oder sogar nur einzelne Worte in einem HTMLcodierten Text. Und darüber hinaus sollen auch die Bezüge zwischen all diesen Elementen und allerlei weiteren inhaltlich „verwandten“ Seiten erkennbar gemacht werden. Was diese Art von Text-Auszeichnung von der im Web üblichen „Verlinkung“ mit HTML-Links unterscheidet? Nun, HTML-Links stellen Verknüpfungen zwischen den digitalen Objekten der virtuellen Welt her, Schlagworte binden diese digitalen Objekte an realweltliche Objekte an. In dem einen Artikel kann zum Stichwort „Bach“ das Schlagwort „Komponist“ geschrieben und ein Verweis auf „Händel“ untergebracht werden, in einem anderen Artikel trifft beim gleichen Stichwort das Schlagwort „Wasser“ besser das gemeinte. Und so bekommen die „körperlosen“ digitalen Objekte auf einmal semantisches „Fleisch“ ... Ich schreibe eine zweite Einleitung: Vor einigen Jahren hat Daniel Kehlmann einen mittlerweile vielgelesenen Roman mit dem Titel „Die Vermessung der Welt“ vorgelegt. Dem staunenden Publikum wurden zwei Helden und Abenteurer vorgestellt: A. von Humboldt und C.F. Gauß, der eine bei seinen Reisen um die Welt, der andere bei seiner Reise durch die Welt der Mathematik. So verpackt konnte auch das eher klassisch-bildungsbürgerliche Publikum sogar der Mathematik neue Reize abgewinnen. Ich finde diesen Roman mittlerweile ziemlich hausbacken, ich würde gerne einen neuen Roman schreiben: „Die Verschlagwortung der Welt“. Die Top-Ingredienz des erfolgreichen Romans würde allerdings fehlen: der bürgerliche Held. Denn wenn es nach den Betreibern erfolgreicher Suchmaschinen geht, dann haben wir alle („the crowd“) die gewünschte Verschlagwortung höchst selbst vorzunehmen – und ob die crowd als Held eines bürgerlichen Romans dienen kann, das wage ich doch sehr zu bezweifeln. Im folgenden werden wir nun zunächst einen kleinen Einstieg in die Begriffswelt des Semantic Web unternehmen (den die Leserin, die sich mit semantischen Technologien auskennt, getrost überspringen kann), um dann zwei verschiedene Sichten auf das Semantic Web zu präsentieren („Hintergrundwissen“ vs. „Semantische Auszeichnung“). Es schließt sich an eine Diskussion eines speziellen Schlagwort-Vokabulars (schema.org), das im Kontext der semantischen Auszeichnung derzeit viel Aufmerksamkeit beansprucht. Der Aufsatz schließt mit einem skeptischen Ausblick auf die Perspektiven des Semantic Web. DOI 10.1515/pik-2013-0003 PIK 2013; 36(2): 91–97

Und was bedeutet das jetzt für mich?: Über schema.org oder: Wie Semantik im Semantic Web gemacht wird