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‘Herr und Frau X. Beliebig’? Zur Funktion der Vornamensinitiale bei Thomas Mann
Author(s) -
Elsaghe Yahya A.
Publication year - 1999
Publication title -
german life and letters
Language(s) - German
Resource type - Journals
SCImago Journal Rank - 0.1
H-Index - 12
eISSN - 1468-0483
pISSN - 0016-8777
DOI - 10.1111/1468-0483.00119
Subject(s) - humanities , art
Unter den vielen Spott‐ und sprechenden Namen in Thomas Manns Werken bilden die Abkürzungen des Vor‐ bei ausgeschriebenem Nachnamen eine kultur‐geschichtlich besonders aufschlußreiche Sondergruppe, deren Bedeutung und Funktion sich dadurch bestimmen läßt, daß man solche scheinbar schweigenden Namen in den namensrechtlichen Debatten und der vöischen Propaganda des ausgehenden neunzehnten und des frühen zwanzigsten Jahrhunderts rekontextua‐lisiert. Abgekürzte Vornamen, wie sie zum Beispiel in den Buddenbrooks oder in Gladius Dei erscheinen, denunzieren den jüischen Assimilisationswillen, aus dem heraus entsprechende Namensschreibungen auf die antisemitisch motivierte Erschwerung der Namensflucht in praxi reagierten. Die sich darin manifestie‐rende Obsession mit typisch jüischen Namen, auf die Thomas Mann noch und gerade bei deren Abkürzung zälen konnte, reflektiert letztlich die Aporie, in welche der diskriminatorische Diskurs beim Üergang vom kulturellen zum ras‐senbiologischen Antisemitismus geriet.