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Im Jahr 1891 stellt Arno Holz in seiner Schrift Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze eine ästhetische Formel auf, die universale Gültigkeit in allen Zeiten und Kulturen für sich beansprucht: Kunst = Natur – x.1 Die Variable ›x‹ steht dabei für die ›Reproduktionsbedingungen‹, d. h. die Möglichkeiten des jeweiligen künstlerischen Materials (flächige Farbe, Ton, Sprache etc.), sowie dessen Handhabung durch den Künstler. Es sei das Ziel jeder künstlerischen Arbeit, den verzerrenden Einfluss dieser Faktoren so weit wie möglich zu reduzieren, damit Kunst und Natur am Ende in möglichst vollkommener Gleichung stehen. In der für die Germanistik kanonischen Deutung hat man dieses ›Kunstgesetz‹ zum Kern des sog. ›konsequenten Naturalismus‹ erklärt, d. h. einer radikal mimetischen Verpflichtung der Kunst auf Widerspiegelung einer objektiven, positiv vorfindlichen ›Natur‹ unter Absehung von subjektiven Bedingungen ihrer Erfahrung.2 So kommt die Forschung bis heute oft zu einem gespaltenen Befund in Bezug auf Holz’ Œuvre: In seinem künstlerischen Schaffen gebe es allerlei avancierte poetische Verfahren, die eine Klassifikation seiner Lyrik als ›modern‹ rechtfertigten.3 Sein Wirklichkeitsund Subjektbegriff sei allerdings schon für die Zeit um 1900 anachronistisch. Erkenntnistheoretische Rückständigkeit und ästhetische Modernität stehen bei ihm scheinbar kaum verbunden nebeneinander, und die forschungspraktische Konsequenz daraus war oft, beide Aspekte – Epistemologie und Poetik – separat voneinander zu behandeln und einzuordnen. Allerdings ist bei genauerer Betrachtung selbst bei dem vermeintlichen Positivisten Holz durchaus ein Bewusstsein vorhanden, dass der menschliche Vorstellungsund Erkenntnisapparat dasjenige wesentlich mitbestimmt, was wir für

Empirisierung des Transzendentalen: Epistemologische Voraussetzungen und Erscheinungsformen der Moderne in Wissenschaft, Literatur und Kunst um 1900